NAUMANN: EIN JAHR IM AMT
Anfang September 1999 bezog Michael Naumann seine Berliner Amtsräume. Der größte Teil seiner rund 150 Mitarbeiter bleibt jedoch in Bonn. Dem Vernehmen nach haben sich vor allem jene bislang dem Innenminister zugewiesenen Kräfte für den neu geschaffenen Aufgabenbereich des Kulturstaatsministers beworben, die einen Wegzug aus dem Rheinland vermeiden wollten. So kümmern sich nun mitunter Beamte um kulturelle Angelegenheiten von bundesweiter Bedeutung, die früher für das Polizeiwesen und ähnliches zuständig waren. Da wird freilich mehr verwaltet als gefördert. Denn ein Jahr nach Michael Naumanns Amtsantritt lautet auch bei ihm die Bilanz: Es wird gespart.
Die Deutsche Welle muß Etatkürzungen hinnehmen, ebenso sollen die Vertriebenenverbände bei ihrer Kulturarbeit kräftig abspecken. 54 Mill. Mark weniger werden im Jahr 2000 an die Deutsche Welle überwiesen. Stattdessen steht eine stärkere Kooperation mit ARD und ZDF auf der Tagesordnung. Bei den Vertriebenenverbänden sei es in der Ära Kohl zu einer “absonderlichen Mittelerhöhung” (Naumann) gekommen, die er nun zurückfahren wolle. Als Helmut Kohl Kanzler 1982 wurde, standen diesen Verbänden zur Pflege schlesischen und sudetendeutschen Kulturguts nur 6 Mill. Mark zur Verfügung, bei Kohls Abwahl 1998 hingegen 45 Mill. Mark.
Trotz des Sparpakets: Die Kulturausgaben für Berlin verdoppeln sich, denn die Hauptstadt-Förderung sei eine “nationale Pflicht”. So hofft Michael Naumann, der Ausbau der Berliner Museumsinsel könne schon in zehn und nicht erst in dreißig Jahren abgeschlossen sein. Als Maßnahme zur “Gegenfinanzierung” wird die einstige Bundes-Residenz am Rhein zur Ader gelassen. Zumindest empfinden manche Bonn-Lobbyisten das so. Mit dem Ende des Bonn-Vertrages müssen sich die Bundesstädter nämlich…