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Titel: Res Publica - Plätze, Gärten, Monumente · von Robert Smithson · S. 104 - 105
Titel: Res Publica - Plätze, Gärten, Monumente , 1985

Robert Smithson
Kulturbeschränkung

Bevormundung der Kultur findet statt, wenn Museumsdirektoren eine Kunstausstellung thematisch begrenzen, anstatt Künstlern zu erlauben, ihre eigenen Grenzen zu setzen. Künstler werden gezwungen, sich betrügerischen Kategorien einzupassen. Es gibt zwar immer noch Künstler, die glauben, daß sie diesen Mechanismus unter Kontrolle haben können, während sie in Wirklichkeit durch ihn kontrolliert werden. Zu guter Letzt werden sie ein Kulturgefängnis unterstützen, in dem sie nichts mehr zu sagen haben. Die Künstler selbst sind nicht kontrolliert, aber ihre Produkte. Museen sind wie Krankenhäuser und Gefängnisse: Sie haben Stationen und Zellen und neutrale Räume. Wir nennen sie “Galerien”. Da Museumssäle als Neutra kein Eigenleben haben, geht die Zündladung eines Kunstwerks, das darin aufgestellt wird, verloren; es wird ein Stück des Dekors, ein manipulierbares, von der Außenwelt abgesondertes Objekt. Auch ein leerer, weißer, lichterfüllter Raum ist immer noch eine Unterwerfung unter das Neutrum. Kunstwerke, die in solchen Räumen gesehen werden, scheinen einer ästhetischen Rekonvaleszenz unterworfen zu werden. Sie sind wie leblose Invaliden, die darauf warten, von den Kritikern für heilbar oder unheilbar erklärt zu werden. Die Aufgabe des Wächter-Direktors ist zunächst, Kunst von der restlichen Menschheit zu trennen, um sie dann zu integrieren. Erst wenn ein Kunstwerk neutralisiert, unschädlich, abstrakt, ungefährlich gemacht und politisch wirkungslos ist, ist es bereit, von der Gesellschaft verzehrt zu werden. Sobald der Kulturapparat ein Kunstwerk für gut erklärt, heißt das, daß dieses Werk total wirkungslos geworden ist. Es ist reduziert, auf den Stand visuellen Futters und transportabler Ware gebracht. Innovation ist nur dann erlaubt, wenn sie diesen Eingrenzungsprozeß…


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