»Kultur als stadtpolitische Priorität«
Jürgen Raap im Gespräch mit dem scheidenden Kölner Kulturdezernenten Peter Nestler
1979 kam der Sozialdemokrat Peter Nestler von Berlin nach Köln und trat dort den Posten des Kulturdezernenten an. Obwohl vieles (z.B. Neubau Wallraf-Richartz-Museum/ Museum Ludwig) kulturpolitisch bereits von seinem Vorgänger Dr. Kurt Hackenberg und vom damals nahezu allmächtigen SPD-Fraktionsvorsitzenden Günter Herterich auf die Schiene gesetzt wurde, fällt in Nestlers Amtszeit der Aufstieg Kölns zur Weltmetropole der Kunst. In den letzten Monaten vor seiner Pensionierung im Mai 1993 wurde Nestlers Spielraum allerdings durch eine rigorose Sparpolitik eingeengt. “Versuch einer Bilanz” lautet der Arbeitstitel zu folgendem Gespräch.
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J. R.: Aus Berlin waren Sie dezentrale Strukturen mit Bezirkskulturämtern gewohnt, die neben dem Kultursenator einen recht weitreichenden Spielraum haben. Damals traten Sie hier in Köln denn auch mit dem Wunsch nach einer Dezentralisierung des Kulturlebens und der Kulturpolitik an, um das Gefälle zwischen Innenstadt und Vororten auszugleichen. Allerdings haben hier in Köln die Bezirksversammlungen kein eigenes Etatrecht, und suburbane Kulturszenen wie z.B. im Stadtbezirk Ehrenfeld haben sich weitgehend ohne kulturpolitische Steuerungsmechanismen, sondern quasi “aus sich heraus” entwickelt. Es gab allerdings Modellversuche mit ABM für einen Kulturbeauftragten in Stadtteilen wie Mülheim und Ehrenfeld, und die KHD-Halle in Kalk als Filiale des Museum Ludwig, als Forum für Theater- und Atelierexperimente, fällt in die Schlußphase Ihrer Amtszeit. Haben Sie letztlich Ihre Dezentralisierungsstrategie tatsächlich so verwirklichen können, wie Sie sich das ursprünglich vorstellten?
P. N.: Ich habe am Anfang nicht genau absehen können, daß die Dezentralisierung kein Prozeß, sondern eigentlich ein Projekt ist. Das heißt zweierlei: Einmal…