Claudia Posca
Kubismus in Prag
1909-1925
Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf, 28.9. – 20.11.1991
Anfang des 20. Jahrhunderts ist Paris Kunstmetropole und Zentrum revolutionären Kunstgeschehens. Im “Mekka der Kultur” (Edward Fry) begründen Pablo Picasso und George Braque einen bildnerischen Stil, der den Begriff Kubismus hervorruft. Guillaume Apollinaire spricht von reiner Malerei, die “die vorgestellte oder die erschaffene Wirklichkeit wiedergibt” und den “Anschein dreier Dimensionen erweckt”.
Für die Kunstwissenschaft war durch die geographische Verortung des Kubismus ein hermetischer Blick vorgegeben: Der Kubismus stand als französisches Phänomen und aufgrund der hohen Qualität französischer Werke im Vordergrund, was die Rezeption ähnlicher Entwicklungen in anderen Ländern erschwerte bzw. verdrängte.
In einer von Jiri Svestka, Leiter des Düsseldorfer Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen, in Zusammenarbeit mit Prager Museen und Galerien konzipierten Ausstellung wird nunmehr Ignoriertes aktualisiert. Zum ersten Mal in umfassender Weise rückt das “zweite Zentrum des Kubismus” (Pierre Daix) in den Blickpunkt. Neben Paris gehörte Prag zu den bedeutendsten Kunststädten, war Drehpunkt internationalen Kulturaustauschs, Ort reger künstlerischer Produktion sowie Ausgangspunkt des tschechischen Kubismus. Eine ganze Epoche – 1909 bis 1925 – erscheint in über 700 Exponaten wiederaufzuleben.
Dabei ist der tschechische Kubismus von einem universalistischen Geist durchdrungen, der die verschiedenen Lebens- und Kulturbereiche zu bestimmen sucht. Ganz im Unterschied zum französischen Vorbild geht es nicht um ein Phänomen ausschließlich der bildenden Kunst, sondern gleichermaßen um Architektur und Gebrauchsgüterproduktionen.
Gleich im Foyer der Kunsthalle wird der Besucher von der Fotografie eines kubistisch gebauten Hauses überrascht. Verwirklicht wurde es 1913 von Josef Chochol, der zusammen mit Vlastislav Hofmann, Pavel Janak, Josef…