AMINE HAASE
Kritische Betrachtung der DOCUMENTA IX
VON AUSSEN UND VON INNEN GESEHEN
Wie wohl kaum eine documenta und kaum eine Groß-Ausstellung hat Jan Hoets DOCUMENTA IX Verwirrung angerichtet. Verwirrung, die sich zunächst in ungeduldigem Unmut Luft macht – wie der Mehrzahl der schnellen Reaktionen in den Medien, den Hörsälen und in den Salons zu entnehmen ist. Aber Verwirrung ist auch essentieller Teil der Kreativität. Und das kann man selbst in hundert Tagen nur ahnen – wenn man sich überhaupt auf Hoets Angebot einläßt und sich nicht selbst den Blick durch oberflächliche Verärgerung, durch klischeehafte Erwartungen verstellt. Erst wenn man über die – vom Kunstbetrieb vorzugsweise selbst erzeugten – Schatten springt, wird die Dimension dieses Vorschlags für eine Zukunft der Kunst erkennbar. Und erst mit Abstand und in der detaillierten Analyse werden sich Elemente herauskristallisieren können, die Hoets documenta für einen anderen Umgang mit Kunst liefert. Einen Umgang, der den Zugriff des Marktes auf die Kunst lockert, der die Kunst enger mit Entwicklungen der Gesellschaft verbindet, und der die absolute Kunstfreiheit als Voraussetzung fordert. So unterschiedlich diese Perspektiven sind, ja so widersprüchlich sie erscheinen können, die Linien treffen sich in dem Punkt, der die Freiheit als Basis der Kunst markiert. Zukunft wird allerdings erst dann sichtbar, wenn die Kunst und ihre Präsentation erkennbar machen, daß es sich nicht nur um eine Freiheit von etwas – zum Beispiel von Zwängen, Vereinnahmungen, Ratlosigkeiten – handelt, sondern wenn sie auch den Horizont abstecken, für den die Freiheit gelten soll. Die DOCUMENTA IX läßt Zukunfts-Möglichkeiten aufscheinen;…