Heinz Schütz
Kritik der Postmoderne
Zu Burckhardt Schmidts Buch: Postmodernestrategien des Vergessens
Seit mehr als einem Dezennium läßt sich mit dem Wort »wieder« die gemeinsame Entwicklung der verschiedenen Künste benennen: die Schriftsteller erzählen wieder, die Komponisten komponieren wieder, die Maler malen wieder. Wo sich von »wieder« sprechen läßt, ist Erinnerung im Spiel. Dem widerspricht – zumindest auf den ersten Blick – Burghart Schmidt bereits im Titel seines Buches »Postmoderne – Strategien des Vergessens«. Schmidt charakterisiert damit Gegenwart und jüngste Vergangenheit als vom Vergessen geprägt. Daß sich Erinnern und Vergessen jedoch durchaus dialektisch vermitteln lassen, daß gerade dem Erinnern die ideologische Funktion des Vergessenmachens eignen kann, belegt Schmidts kritischer Bericht. Sein Diktum, die Postmoderne fröne methodischer Vergeßlichkeit, läßt sich allerorten nachweisen. Paradigmatisch gleichsam in der vor kurzem aus London importierten Ausstellung »Deutsche Kunst im 20. Jahrhundert«: Im Erinnern an expressionistische und expressionistisch gefärbte Traditionen wird hier verschleiert, daß jemals avantgardistische Revolte an den Grenzen des Bildes rüttelte: Geschichtlicher Rückblick also als »Strategie des Vergessens«. Schmidt: »Was der Postmodernismus aufgreift, scheint Platz schaffen zu wollen für ein großes geschichtliches Erinnern, und doch: die Ideologie der Postmoderne richtet darauf die verschiedensten Strategien des Vergessens.« (S. 33)
Postmoderne beim Wort nehmend – das »Post« suggeriert die Überwindung der Moderne – zielt Schmidt in seiner an Blochscher Philosophie geschulten Kritik darauf, Postmoderne ihres ideologischen Charakters zu entkleiden. In immer wieder neuen Ansätzen umkreist er das Verhältnis von Postmoderne und scheinbar überwundener Moderne. Er befaßt sich mit dem neuen Interesse an Irrationalität, an Mythos und Erhabenheit, und stellt am…