Reinhard Ermen
Kristof Georgen
Die Zeichnung besteht aus lauter senkrechten Linien, eine neben der anderen. Wenn überhaupt, dann scheint dazwischen nur noch sehr verhalten der weiße Grund des Papiers auf, so dicht sind sie gesetzt. Seit etwa 2001 hat er mit grauen Filzstiften gearbeitet (Ausnahmen bestätigen die Regel), in letzter Zeit setzt Kristof Georgen auch Kugelschreiber in seinen Zeichnungen ein. Es entstehen blaue, rote, grüne oder schwarze Blätter, eindringliche Farbräume: Monochrom in einem idealtypischen Sinne, also einfarbig und vielfarbig zugleich. Hinzu kommt eine durchaus ‚elektronisch’ anmutende Virtualität. Die Grenzen und Möglichkeiten dieser bewegten hell-dunkel Strukturen liegen auch im bewusst gewählten Handwerkszeug. Das Material (sei es nun ein Kugelschreiber oder ein Filzstift) wird ausgeschrieben, aufgebraucht bzw. an die Grenzen geführt, die Paste trocknet, der Farbfluss wird dünner bis ein neuer Stift oder eine neue Mine genommen werden muss. Abgesehen vom natürlichen Ermatten, zeigen diese Industrieprodukte, selbst wenn sie als ‚dokumentenecht’ klassifiziert sind, immer wieder individuelle Differenzen, etwa Fehlfarben, die Ottonormalverbraucher, der mal eben etwas mit dem Kugelschreiber notiert oder ein Formular ausfüllt und unterschreibt, gar nicht auffallen. Sehr schnell bemerkt der gewöhnliche Zeitgenosse allerdings, dass diese Stifte gelegentlich ‚schmieren’. Solche Unebenheiten lässt Kristof Georgen geschehen auch Griffspuren, die sich beim Führen des Lineals ergeben können, werden akzeptiert sowie der Abrieb der strapazierten Papiere. Problemzonen tun sich auf, Makellosigkeit ist ohnehin nicht gefragt. Anfangs waren das durch unterschiedlich lange Striche jeweils individuelle, ja bizarre Gebilde, seit 2001 sind sie blattfüllend; es geht (fast) immer um Querformate, der Vorhang wird von rechts nach links…