Heinz Schütz
Kontroverse über eine Redaktionsbesetzung
Studentenproteste in Berlin, Hamburg, München
Im Vergleich mit der Studentenrevolte der 68er-Jahre werden Rekordzahlen vermeldet – allein in München beteiligten sich über 30 000 Demonstranten. Was allerdings theoretische Fundierung, gesellschaftliche Relevanz und sozialkritisches Engagement anbelangt, bleiben die erhobenen Forderungen dahinter zurück: sie beschränken sich primär auf die Verbesserung der materiellen Situation und Ausstattung der Hochschulen. Auffallend ist die Annäherung der Demonstrationsformen an Entertainment und Unterhaltungsindustrie.
Im Zuge dieser Proteste besetzten Studenten der Münchener Kunstakademie die Feuilletonredaktion der Boulevardzeitung AZ. Ihre berechtigten Forderungen: Behebung der Raumnot, bessere Ausstattung der Werkstätten und mehr Lehrpersonal. Finanzielle Mittel, die hierfür fehlen, sind offenbar für denkmalpflegerische Belange, wie die Renovierung des Akademiegebäudes, vorhanden. Dies entspricht der Gesamttendenz, eine repräsentative Kulturfassade aufrechtzuerhalten, hinter der sich unter dem Primat von Wirtschaftlichkeit, die Aushungerung der Kunst und in eins damit der Sozial- bzw. Geistes und Kunstwissenschaften vollzieht. Die Besetzung der AZ-Redaktion verlief gewaltlos, die Besetzer wurden wohlwollend empfangen und mit Kaffee bewirtet. Ein AZ – Artikel berichtete darüber, ein von den Studenten verfaßter Artikel allerdings, der wie versprochen veröffentlicht werden sollte, wurde -nun weniger freundlich – mit dem Argument, die Sprache sei zu akademisch, zurückgewiesen. Das folgende Gespräch mit zwei Besetzern – Roswit Kolla und Michael Hofstetter – zeigt zwei durchaus divergierende Einschätzungen der studentischen Aktion. Führte die Besetzung der Feuilletonredaktion der AZ zu dem gewünschten Resultat?
RK: Meiner Meinung nach: ja. Es ging uns darum, vor der Haushaltsabstimmung im Landtag, die an diesem und am nächsten Tag stattfand, auf die finanzielle Lage der Akademie hinzuweisen…