Uli Bohnen
Kommt die Kunst von Kunst?
S. D. Sauerbier im Gespräch mit dem Kurator der Ausstellung “Hommage – Demontage”
Sie haben eine Ausstellung zusammengetragen, in der unter anderem mehr oder weniger genaue Duplikate zu den Werken anderer Künstler zu sehen sind; ich denke an die Arbeiten von Elaine Sturtevant, Mike Bidlo und Sherrie Levine. Was geschieht, wenn KUNSTFORUM ein Bild von Sturtevant abdruckt, das kopierend eine Arbeit von Jasper Johns wiedergibt?
Jeder hält das für einen Jasper Johns – aber es ist keine Kopie, erst recht keine Fälschung.
Formell könnte man es eine Re-Produktion nennen, aber der Gebrauch des Zeitarguments, das durch die Vorsilbe ‘re’ eingebracht wird: daß nämlich jemand etwas mit zeitlicher Verzögerung produziert habe, wird zumindest von einer Seite her in Frage gestellt. Insofern nämlich, als der im Kunstbetrieb anwesende Innovationszwang, der die Erstlingsschaft als entscheidende Qualität verbucht, annuliert wird.
Übrigens signiert Sturtevant häufig deutlich sichtbar ihre Arbeiten auf der Vorderseite.
Sie sagen: “… von einer Seite her in Frage gestellt”. Was ist die andere Seite?
Eine andere Seite ist in meinen Augen – und da steckt ein Moment objektiver Ironie drin -, daß Sturtevant seit gut 20 Jahren so vorgeht, also seit einer Zeit, da das Wort “Appropriation” noch gar nicht auf Kunst angewandt wurde. Ich nehme also selber jetzt für sie die Erstlingsschaft in Anspruch.
Der Künstler wird kopiert, aber nicht gefragt, ob er kopiert werden wolle.
Nicht jeder Künstler kann gefragt werden. Wenn Bidlo nach Morandi oder Picasso arbeitet, Levine nach Mondrian oder Miró, können die Vorbilder nicht mehr gefragt werden…