Martin Seidel
köln progressiv 1920-33.
seiwert-hoerle-arntz
Museum Ludwig, Köln, 15.3. – 15.6.2008
Zu unserem Bild der Kunst der Zwanziger Jahre gehören die Expressionisten, Surrealisten, Dadaisten, die Neuen Sachlichen, die Abstrakten und Konkreten. Dazu gehören Braque und Picasso, Giorgio de Chirico, Bauhaus und Fernand Léger. Die 1920 bis 1933 aktiven Kölner Progressiven klammern wir aus. Nicht weil wir sie nicht gut finden, wenn wir sie sehen. Wir kennen auch ihre Namen. Aber sie sind doch eher eine Fußnote der Kunstgeschichte und uns nicht sofort geläufig: Franz Wilhelm Seiwert, Heinrich Hoerle, Gerd Arntz, in deren nächstem Umfeld die weitaus bekannteren August Sander und Otto Freundlich anzutreffen sind.
Die Kölner Progressiven, denen das Museum Ludwig eine Ausstellung mit bemerkenswerten Werken eingerichtet hat, gingen aus dem geistig-moralischen Vakuum hervor, das der erste Weltkrieg hinterlassen hatte. Wie muss Kunst sein, die sich aufstemmen und sozial und politisch verpflichtet sein will? Die Frage beantworteten die Kölner Progressiven auf ihre Art. Den Intellektualismus des virulenten Kölner Dada um Max Ernst hatte Seiwert, der Spiritus rector und Impulsgeber der Gruppe, schon 1919 abgelehnt, als er sich der großen Dada-Ausstellung in Köln verweigerte, weil das für ihn “bürgerlicher Kunstbetrieb” war. Abstrakt konnte die Kunst nicht sein, auch nicht neusachlich. Die Zentralperspektive lehnten sie als Symbol einer etablierten und in ihrem Sinne kraftlosen Kunst ab. Seiwert (1894-1933) und seine Mitstreiter entschieden sich nach ihren expressionistischen Anfängen für einen farbintensiven figurativen Konstruktivismus, der die Formen bändigte und den als reaktionär verpönten künstlerischen Subjektausdruck vermied. Ihre Motivwelt war beschränkt. Seiwert malte sich selbst, als abstrakte…