Jürgen Kisters
Klaus Gaida
»Erdrandbewohner«
Arnsberger Kunstverein, 22.1. – 13.3.1995
Eine Legende über die Erschaffung der Welt erzählt, daß Gott, als er die fünf Erdteile vollendet hatte, nieste und prustete. Was er dabei ausspuckte, wurde das Inselgewirr von Tierra de Fuego: Feuerland. Der Seefahrer Magellan hatte es 1520 bei der Umsegelung der südlichen Spitze Südamerikas entdeckt, und weil er dort in der Nacht Indianerfeuer aufleuchten sah, nannte er dieses Gebiet Feuerland. Nur ein paar Stunden herrscht dort Tageslicht. Stürmische Winde wehen, das Land ist von Fjorden und Meeresstraßen durchschnitten, und selbst im Sommer ist das Wetter rauh. “Ein Land, erstarrt in ewiger Kälte”, sagte Magellan.
So kam es, daß dieses Land am äußersten Rand der Welt lange Zeit unbekannt und unheimlich blieb. Die Völker, die es dort gab, die Selk-nam, die Yahgan, die Yamana und die Alakaluf, lebten vor allem vom Fischfang, der Jagd auf Robben, Pinguine, Wale und Wasservögel sowie dem Sammeln von Muscheln, Krabben und Schnecken. Für die Weißen der westlichen Welt hatten sie den Ruf, “schreckliche” Völker zu sein: wegen der Robustheit ihres Aussehens, dem kräftigen Körperbau und der Härte ihrer Verhaltensweisen, welche die Rauhheit des Landes ihnen abverlangte. Und den Weißen erscheint bekanntlich alles, was ihnen fremd ist und was sie nicht verstehen, schrecklich.
Schließlich machten die Weißen, die keinen Winkel der Erde unberührt und in Ruhe ließen, sich auch zielsicher nach Feuerland auf: als Forscher, als Eroberer, als Geschäftemacher, als Missionare, als Zerstörer. Sie brachten Kleider und Gebete mit und vor allem Krankheiten, welche die Feuerländer zu Tausenden dahinrafften…