Olly Farshi
Klangspiele
Ich sitze in einem großen, kreisrunden Saal. Um mich herum sind Tische angeordnet, als wollten sie die Position der Ziffern einnehmen, die ins Ziffernblatt einer alten Wanduhr eingeschrieben sind. Auf den Tischen sitzen Menschen die lesen und studieren, und um die Tische herum befinden sich Regale mit den besten Werken der Weltliteratur. Auf der Saaldecke ist in goldenen Lettern ein Sinnspruch angebracht, und jeder einzelne Klang, der in dem Raum entsteht, wird in Echos von der Zimmerdecke zurückgeworfen.
Ich erinnere mich, dass ich diesen Raum heute vor wenigen Stunden betrat. Ich tat dies in der Absicht, die Überlegungen niederzuschreiben, die all die musikalischen Spiele und Klangspielzeuge umfassten, die ich in den vergangenen Monaten untersucht hatte. Mit einem Mal jedoch wurde mir bewusst, dass der Raum in dem ich mich befand, selbst ein Klangspiel ist – ein Klangspiel, dass auf meine ureigenen Aktionen reagiert. Ein alter Stuhl knarrt, wenn ich mich auf ihn setze, das Velcro Material meiner Schallplattentasche kreischt durch die Stille und ein unterdrückter Niesser wird zu einem peinlichen Brüllen. Ich erinnere mich, dass ich als 15jähriger mit Freunden in diesem Bibliothekssaal studierte und ein ironisches Grinsen legt sich auf mein Gesicht: Wir haben hier nicht studiert. Der angeblich so stille Raum war unser akustisches Spielzimmer.
Die “Flaming Lips”, ein amerikanisches Experimentalmusiktrio, machen seit langem Musik, die unterschiedliche Klangquellen in verschiedenen Räumen replatziert. Die Kompositionen fordern die Zuhörer auf, partizipativ an den Aufführungen teilzunehmen, gewissermaßen als menschliche Sequenzer wirksam zu werden. Die Zuhörer sollen nämlich Klänge auslösen, wenn sie…