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Ausstellungen: Berlin · von Hermann Pfütze · S. 372 - 374
Ausstellungen: Berlin , 1997

Hermann Pfütze
Kienholz Retrospektive

Berlinische Galerie im Martin-Gropius-Bau, 7.2. – 31.3.1997

Im Katalog ist Günter Metkens Aufsatz “Moralische ‘Tableaux'” von 1973 wieder abgedruckt; so klug und treffend ist über Kienholz seither wenig geschrieben worden. Noch immer sind die Empfindungen und Gedanken, die beim Gang auch durch diese Ausstellung sich aufdrängen, “zunächst kunstfern”, und wie Kienholz selbst, interessieren auch den Betrachter “ästhetische Probleme eher am Rande” sozialer und moralischer Regungen. Die Mischung aus Abwehr und Neugier, zugleich hin- und wegzugucken, die Sachen berühren zu wollen und der leichte Ekel davor, werden beherrscht von moralischer und sozialer Empörung. Empörung ist ja selbst ein gemischtes Gefühl zwischen ‘seht nur’ und ‘weg damit’, zwischen voyeuristischer Anteilnahme und moralischer Ent- und Aufrüstung. Auch heute gelingt es nicht, diese Szenen und Anblicke ästhetisch zu distanzieren und kunsttheoretisch einzuordnen etwa in ein Fach mit Duane Hanson, George Segal oder Claes Oldenburg. Das liegt daran, daß bei den hyperrealistischen Figuren Hansons ebenso wie bei den klassizistisch “eingefrorenen” Gruppen und “gespeicherten Gesten” Segals, erst recht bei Oldenburgs “satirisch aufgeblähten Lebensmitteln”, der anfängliche Schrecken sogleich nachläßt zugunsten erleichterten Lachens oder überlegener Distanz, während Kienholz’ Szenen die gemischten Gefühle und den Schrecken steigern. Sie zielen ins Hier und Jetzt, “sind immer auf das Heute gemünzt”, während von den Werken der anderen zeitlich und emotional abgerückt werden kann. Das alles hat Günter Metken vor 25 Jahren schon bemerkt und die Berliner Retrospektive, die 1996 auch in New York und Los Angeles zu sehen war, gibt ihm recht, obwohl etwa zwei Drittel des Gesamtwerks seither…


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