Renate Puvogel
Keramische Räume
»Lucio Fontana und Nachfolger«
Schloss Morsbroich, Leverkusen, 25.5. – 31.8.2014
Es überrascht, dass eine Ausstellung überzeugen kann, die einen bestimmten Werkstoff zum Inhalt hat. Eine solche Themenstellung scheint im Zeitalter postmedialer Kunst eigentlich überwunden. Und dann handelt es sich auch noch um ein Material, das die Nähe zum Kunsthandwerk aufweist: die Keramik. Das Ergebnis zeigt jedoch, dass sogar gerade dieses Kriterium dazu beiträgt, den Betrachter gefangen zu nehmen und dem Fachmann neue Erkenntnisse zu offenbaren.
Im Mittelpunkt steht der argentinisch-italienische Künstler Lucio Fontana. Nach der ersten Retrospektive im selben Hause 1962 zeichnet diese Ausstellung die Werkentwicklung Fontanas von den ersten Keramiken der 30er Jahre bis zum Spätwerk nach und führt darüber hinaus vor Augen, welch großen Einfluss der Bildhauer auf nachfolgende Künstlergenerationen hat, insbesondere auf solche des Rheinlandes. Fontanas wenig bekannte keramische Arbeiten der unmittelbaren Nachkriegszeit birst geradezu von expressiver Kraft. Plastisch sind die farbigen Gefäße gestaltet, die Oberflächen raumhaltig zu figurativen Figuren und Szenen bearbeitet. Treffliche Beispiele wie Pferdeköpfe in „Tre Cavalli“ und Pferdekämpfe auf ornamentierten Tellern, dazu der türkisfarbene Guerriero bezeugen, dass für Fontana die Bewegung ein wesentlicher Faktor war. Bereits zu jener Zeit wird der konzeptuelle Ansatz seiner Kunst deutlich. Fontanas aufgeschlitzte und durchlöcherte Leinwände, die tagli und buchi, seit den späten 40er Jahren sind mittlerweile so vertraut, dass man leicht vergisst, welch revolutionären Akt er mit dem Durchstoßen der Bildfläche vollzogen hat und welch theoretisches Potential sich dahinter verbirgt. Hier öffnet sich erstmalig die Fläche in die Tiefe des Raumes hinein und das Bild nähert…