Jens Rönnau
Ken Aptekar
»Nachbarn«
Kunsthalle St. Annen, Lübeck, 7.2. – 29.5.2016
Viel Zeit ist verstrichen, bis der amerikanische Künstler Ken Aptekar sein Projekt verwirklichen konnte – fast symbolisch schon: Geht es doch um die Auseinandersetzung mit der Vertreibung und Ermordung der Juden im nationalsozialistischen Deutschland. Denn auf Vermittlung von Joan Rosenbaum, der damaligen Direktorin des Jewish Museums in New York, schrieben sich Aptekar und der damalige Leiter des Felix-Nussbaum-Hauses in Osnabrück, Thorsten Rodiek bereits vor 17 Jahren. Durch dessen Wechsel an die Lübecker Kunsthalle St. Annen kam das Projekt in Osnabrück nicht zustande. Doch 2006 besuchte der 1950 in Detroit geborene Aptekar Lübeck – und stieß dort auf eine Besonderheit: Die 1880 errichtete Synagoge in der mittelalterlichen Altstadt liegt dort unweit der Aegidienkirche und direkt neben dem christlichen St. Annen-Kloster. Die Nähe der Religionen wie auch die Kunst war eine spannende Grundlage für den Konzeptkünstler Ken Aptekar – denn schon 1904 war ein Museum in das Kloster gezogen, 100 Jahre später hatte man in die Kirchenruine eine Kunsthalle gebaut. Seit einem Jahr wird auch die in der NS-Zeit umgenutzte Synagoge für die heute 800-köpfige Jüdische Gemeinde wieder instandgesetzt.
In dieses Umfeld trifft das Projekt des New Yorker Künstlers, der sich zunächst auf Spurensuche begab. So stieß er auf die Geschichte des Rabbis Salomon Carlebach (1845 – 1919), dessen Nachfahren in Lübeck verfolgt, vertrieben oder deportiert und ermordet wurden. Weil die Familie in Lübeck wegen der für Juden unerträglich gekürzten Lebensmittelrationen litt, wurde sie von einer christlichen Familie heimlich durch an ein Tor…