Martin Blättner
Keith Sonnier
Kunsthalle Nürnberg, 10.2. – 3.4.1994
Im Blitzlichtgewitter, von der Stroboskoplampe geblendet, bestrahlt vom fluoreszierenden Farbpulver und versteckten Beleuchtungsquellen im Halbdunkel, regelrecht gebadet schließlich im Licht und Farbe – das Bombardement auf die Sinneswahrnehmung hätte kaum effektvoller inszeniert werden können. Der ekstatische Farbtaumel in Rot, Blau und Gelb erweist sich als eine optische Erfahrung, die bis an die Schmerzgrenze reicht. Sie rührt auch am Leid des Nichterkennens, denn das betörende Arrangement verschleiert die realen Tatsachen. Wer sich da in einer psychodelischen Lichtspiel-Grotte wähnt, sieht sich bei näherer Betrachtung von einer Art elektrischem “Luzifer” (Lichtbringer) umgeben. Bei den im Raum befindlichen, stereometrischen Körpern handelt es sich um getarnte Schaumstoff-Attrappen. Die Kabel dazwischen stellen klar, daß die Illuminationen aus der Steckdose und nicht aus den scheinbar erleuchteten Volumina kommen. Letztere beziehen sich augenzwinkernd auf das Formvokabular der bereits historischen “Minimal-art”, die darüber verschütteten Farbpigmente nebst der so dramatischen Lichtinszenierung unterstreichen den ironischen Abgrenzungswillen zu den eher spröden Positionen jener Zeit. Die bereits 1970 entstandene raumfüllende Installation “DISPLAY II” hat bis heute nichts von ihrer Frische und Offenheit eingebüßt, zugleich stellt sie die Quintessenz der ästhetischen Konzeption von Keith Sonnier in den sechziger Jahren dar. Als Provokationsmittel kontrastreicher Wahrnehmungsreize boten sich signalhafte Neonlichtröhren an – auch Bruce Nauman und Richard Serra experimentierten 1968 mit diesem besonders “heiß” aufgeladenen Material. Seine ganz persönliche, fast religiöse Beziehung zum fluoreszierenden Leuchtgas brachte Sonnier in der umfangreichen Werkgruppe der “BA-O-BA”-Skulpturen zum Ausdruck. (In der französisch-haitischen Umgangssprache bedeutet der bildhafte “BA-O-BA”-Begriff etwa das Erlebnis eines Farb- und…