Markus Lohoff und Jeanette Seul
Keine Idylle ohne Schrecken.
Betrachtungen einer motivgeschichtlichen Ambivalenz
Idylle – Arkadien – Pan
Der Begriff “Idyll” bezeichnet harmonisch verklärtes, zumeist ländliches Leben und wird in seinem Ursprung auf die Hirtengedichte Theokrits zurückgeführt. Gegenstand der ,Idyllen’ ist das einfache Landleben; Handlungsort die vermeintlich romantische Landschaft Arkadiens. Von griechischen und römischen Schriftstellern rezipiert wurden die ,Idyllen’ zum Ausgangspunkt einer eigenen Gattung: der Schäfer- bzw. bukolischen Dichtung. Der Mythologie zufolge verlieh Jupiter selbst Arkadien die besondere Schönheit, nachdem Phaeton die Kontrolle über den Sonnenwagen seines Vaters verloren hatte und die Hälfte der Erde verbrannt war. Ovid berichtet in seinen Metamorphosen, dass Jupiter Quellen und Bachläufe Arkadiens wiederherstellte und “verbrannte Wälder wieder grünen” hieß.1 Doch war die Vorstellung eines friedvollen Arkadien seit Anbeginn eine Fiktion und hatte wenig mit dem kargen Landstrich inmitten der Peloponnes gemein. Als künstlerische Ausgestaltung des römischen Dichters Vergil sind auch dessen Hirten weniger gemeine Hirten, “sondern mythische Gestalten, Symbole der Sehnsucht nach einer friedvollen, heiteren Welt”.2 Bis heute evoziert der Begriff “Arkadien” Vorstellungen einer friedlich-glückseligen ruralen Landschaft; bis heute gilt Arkadien als Sinnbild der Freiheit und Ungebundenheit. Neben Hirtengedichten und anderen literarischen Umsetzungen schlug sich diese Vorstellung in zahlreichen Werken der bildenden Kunst nieder. Als komponierte Ideallandschaft findet sich das Motiv Arkadiens in Gemälden des 16. und 17. Jahrhunderts, versehen mit mythologischen Versatzstücken, Schäfern und deren Herden, aber auch biblischen Szenen wie der Flucht nach Ägypten.3 Dabei ist das Bild Arkadiens keineswegs ungebrochen. So kontrastieren beispielsweise der Vergänglichkeit mahnende Ruinen und Gräber das Idyll….