Kein Tagesgeschäft für Fußballtrainer
EIN GESPRÄCH MIT JÜRGEN RAAP
Von 1973-1989 war Wulf Herzogenrath Leiter des Kölnischen Kunstvereins, zwischenzeitlich auch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Kunstvereine. Seine Ausstellungspolitik in Köln konzentrierte sich u. a. auf eine gründliche Aufarbeitung der rheinischen Avantgarde zwischen den beiden Weltkriegen (“Von Dadamax bis Grüngürtel”) und der Bauhaus-Epoche. Er holte Graffiti-Sprayer aus dem US-Underground an den Rhein und erwarb sich den Ruf, der einst als Außenseiter-Disziplinen vernachlässigten künstlerischen Fotografie und Videokunst zur Breitenwirkung verholfen zu haben. Größte Publikumsresonanz fand – wen hätte es auch gewundert? – Populäres: Daniel Spoerris “Musée sentimentale de Cologne” etwa oder Hermann Göttings Sammlung “Von Maurice Chevalier bis zum Nierentisch” mit der Alltagskultur der fünfziger Jahre, aber auch “Bauhaus-Utopien”. Die Jubiläums-Show zum 150. Geburtstag des Kölnischen Kunstvereins in diesem Sommer war Höhe- und Schlußpunkt seiner Tätigkeit in Köln. Unlängst trat Wulf Herzogenrath eine neue Stelle als Hauptkustos für zeitgenössische Kunst an der West-Berliner Nationalgalerie an. Dort ist er verantwortlich für das Konzept des “Hamburger Bahnhofs”, der 1993 in neuer Architektur mit über 10 000 Quadratmetern Museumsfläche eröffnen soll.
*
J.R.: Angesichts der zirzensischen Züge, die der heutige Kunstbetrieb mehr und mehr aufweist, erscheint mir ein Vergleich mit einer anderen Freizeitbranche, nämlich dem Profi-Sport, nicht zu abwegig. Dort sagte man dem früheren Fußballtrainer Udo Lattek nach, er habe immer den richtigen Riecher gehabt, auf dem Höhepunkt des Erfolges einem Verein den Rücken zu kehren, bevor sich herausgestellt hätte, daß er der Mannschaft nichts mehr hätte vermitteln können. Wann stößt ein Ausstellungsmacher innerhalb seiner Einbindung in die institutionellen…