Kaum eine begehbare Brücke oder der fehlende Schlüssel
Eine fragwürdige Aneignung und Indienstnahme der Kunst ist Thema und gleichzeitig Methode der Documenta 14 in Athen und in Kassel
von Hajo Schiff
Es kann kaum überraschen, dass politische Bezüge die documenta 14 dominieren. Die Zweiteilung und die Titel-Forderung signalisieren bereits deutlich die Bevorzugung sozialer Belange gegenüber genuin künstlerischen Setzungen. So wird also mit einem politisch erweiterten Kunstbegriff zur Verbesserung der Welt aufgerufen, in einer unübersichtlich gewordenen Zeit an auch nicht gerade den Überblick fördernden gut 70 Orten in zwei grundverschiedenen Städten.
In Athen tagte das „Parlament der Körper“, so der Name der für die documenta 14 so wichtigen öffentlichen Programme, im „Freiheitspark“, in einem Gebäudekomplex, der zur „Sonderverhörabteilung der Hellenischen Militärpolizei“ gehörte, also eine Folterstätte der Militärdiktatur war. Der griechische Architekt Andreas Angelidakis baute nicht nur eines der Gebäude um, er stellte auch 69 große Betonbrocken imitierende Sitzkissen für das Publikum der verschieden Workshops zur Verfügung. In Kassel sind diese Sitzelemente in militärischen Tarnfarben bezogen und im Zentralraum des Fridericianums zu den Umrissen eines großen Panzers zusammengesetzt. Es ist einer der Verweise auf die ehemalige Kassler Panzerproduktion, die mit den Namen Henschel und Krauss-Maffei Wegman verbunden ist. Letztere Firma, die in Hellas auch ein Tochterunternehmen hat, lieferte beispielsweise noch 2013 170 Leopard2 an Griechenland. Dieser Deal und ein folgender über Panzerhaubitzen sind gerichtsnotorisch von Bestechungsverdacht umweht. Das griechische Militär besitzt über 300 Leopard2-Panzer aus deutscher Produktion. Das Land hatte über Jahrzehnte den pro Kopf höchsten Wehretat aller europäischen Länder (abgesehen…