Hanne Weskott
Kaufhaus Kunst
Juni 1985 am Weißenburger Platz in München
Im Münchner ‘Franzosenviertel’ Haidhausen gibt es eine Kneipe, die ziemlich in ist. Der Wirt Joschi, Josef Filipp mit bürgerlichem Namen, ist nicht nur selbst ambitionierter Künstler, sondern ist auch gern bereit, sich für andere zu engagieren. Im ‘Sedan’ zeigt er im regelmäßigen Turnus Ausstellungen von Künstlern, die fähig und bereit sind, mit dem Raum konstruktiv zu arbeiten. Er hat damit schon längst sein ‘Sedan’ aus dem üblichen Kneipen-Schmuck-Milieu herausgelöst. Ganz in seiner Nähe gab es ein Vorstadtkaufhaus, von dem Josef Filipp eines Tages erfuhr, daß es ganz aufgegeben und damit für eine Zeit leer stehen würde. Die Idee Kaufhaus Kunst war geboren. Er organisierte sich zwei Mitarbeiterinnen, Andrea Tschechow und Beate Passow, erhielt einen Zuschuß vom Kulturreferat und begann mit viel Idealismus, eigenem Geld und eigener Hände Arbeit seine Idee’zu verwirklichen.
Was die 33 Mitwirkenden daran gereizt hat, sofern sie nicht nur die Chance zur Repräsentation für ihre Arbeit nutzen wollten, war, den Gedanken Kunst als Ware, Kunst im kommerziellen Kontext bewußt aufzunehmen.
Bei der Realisation geschah dann das, was unter so ambivalenten Aspekten meist geschieht: zwischen Ramsch und halblustigen Anspielungen aufs Kaufhaus, zwischen Bastelstube und bemühtem Witz, suchten einige eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Raum oder seinem gewesenen Inhalt. Da wäre Holger Tibós Tisch-Installation zu nennen, in der es um Licht und Schatten, Formveränderung und -Massierung, Bewegung und Zeit und nicht zuletzt auch um den Inhalt ging; dann Hubert Förgs Wandmalerei, in der er die freie Geste mit konstruktiven Elementen seinen Bildvorstellungen…