Christian Huther
Katsura Funakoshi
»Sphinx«
Museum Wiesbaden, 23.10.2015 – 14.2.2016
Sie wirken eigenartig entrückt, irgendwo zwischen Warten, Meditieren oder Träumen. Die barbusigen Frauen strahlen Sinnlichkeit aus, ihre in engen oder weiten Kleidern steckenden Geschlechtsgenossinnen hingegen scheinen sich noch stärker nach innen zurückgezogen haben. Einige Figuren tragen auch typisch männliche Kleidung, sind aber dank stilisierter, fast androgyner Gesichtszüge nicht eindeutig einem Geschlecht zuzuordnen. Alle Figuren verströmen eine unnahbare Strenge und erinnern von fern an ägyptische Statuen, sie sind jedoch nicht einem festen Kulturkreis zuzuschreiben. Diese und andere Assoziationen gehen dem Betrachter durch den Sinn, wenn er vor Katsura Funakoshis Holzfiguren steht.
Der 64-jährige japanische Bildhauer ist bei uns gut bekannt, da er an zahlreichen bedeutenden Ausstellungen in Europa beteiligt war. Doch er ist eher in Themen- oder Gruppenausstellungen vertreten, Retrospektiven seiner Werke sind hierzulande selten. Die letzte große deutsche Schau war vor 16 Jahren in der Kunsthalle Recklinghausen und in den Städtischen Museen Heilbronn zu sehen. Denn Funakoshi arbeitet sehr bedächtig; das 2003 erschienene Werkverzeichnis listet aus 25 Jahren lediglich rund 120 Arbeiten auf. So erklärt sich, dass eine Funakoshi-Ausstellung eine immense Organisation erfordert, zumal die meisten Werke in Asien beheimatet sind.
Jetzt zeigt das Museum Wiesbaden eine kleine, aber feine Übersichtsschau seiner Holzskulpturen und Zeichnungen. Ausgangspunkt ist die Skulptur „A tale of the Sphinx“ (2004), die seit 2005 im Besitz des Museums ist. Doch hehre Göttinnen oder gar bedrohliche Dämonen sind es nicht, die Katsura Funakoshi aus duftendem Kampferholz schnitzt – ganz fein die Gesichter, eher grob der Hinterkopf und der Körper, also all…