Katharina Sieverding
Im verknappten visuellen Code der Wandplakate oder im hämmernd repititiven Rhythmus der Fernsehwerbung überbringt Katharina Sieverding ihre subversive künstlerische Botschaft. Eine Pionierin im zeitgenössischen Kunstgeschehen, was die Verwendung des Mediums Fotografie anlangt, hat sich die Künstlerin, nachdem sie sich ausgiebig mit dem Problem des Selbstporträts beschäftigt hat, vor allen Dingen dem Thema der bildnerischen Gewalt gewidmet. Aus vorgefundenen Bildfragmenten, aus signalhaft verkürzten Slogans, meist in Verbindung mit einem Selbstbildnis in darauf abgestimmter Gewandung, montiert Katharina Sieverding eine Welt, in der sich die offenkundige und latente Gewalttätigkeit unserer Gesellschaft durch die Form ihrer Propagandamittel zu ernennen gibt. Das überwältigende Format der fotografischen Arbeiten und die überlegene Inszenierung der bildnerischen Motive, Kombinationen aus Text und Bild häufig, bilden einen schmerzlichen Kontrast zu den ‘Inhalten’, die Katharina Sieverding damit verpackt. Vordergründig verfährt sie nicht anders als die Werbestrategen in aller Welt, nur kombiniert sie im Gegensatz zu ihnen gewalttätige Sprache mit aggressivem Wirkpotential. Statt Seife, Zigaretten oder süße Kunstgetränke propagieren die plakativen Bildwerke Katharina Sieverdings Bomben und Granaten. Sie deckt die verborgenen Mechanismen einer allmählich übermächtig werdenden öffentlichen Sprache auf. Die beschränkt sich schon lange nicht mehr auf die Werbung, sondern hat bereits alle Bereiche des menschlichen Lebens erfaßt. Der Titel von Neil Postmanns neuem Buch drückt dies in bestechender Klarheit aus: ‘Wir amüsieren uns noch zu Tode’. Das tödliche Amüsement.