Reinhard Ermen
Katharina Grosse: Malerei
Kunstverein Heilbronn, 25.1. – 1.3.1998
Die Malerei der Katharina Grosse (*1961) ist unverwechselbar; ihr Erkennungsmerkmal ist eine weit ausholende Malbewegung, deren Ambitus nicht durch das Körpermaß begrenzt ist, denn auch über weitgestreckte Bahnen fließt Grosses Farbstrom natürlich und gerade weiter, als habe sie die Statur einer empfindsamen Riesin. Aus den nebeneinanderliegenden Pinselbahnen setzen sich ihre Farbfelder zusammen, häufig (aber nicht immer) gebremst durch ausdrucksstarke Wendemarken, an den gegenüberliegenden Kanten. Und gelegentlich übermalt Katharina Grosse mit einer anderen Farbe, welche die zuunterstliegende Malbewegung entweder mitmacht oder bewußt kreuzt. All’ das liegt offen zutage, denn oberstes Gesetz scheint eine fast schon gläserne Transparenz zu sein, in deren Gefolge Fragilität sowie eine schwer auszumachende Portion an Eiseskälte mitgehen.
Raumbezogenheit ist ein Kriterium von Grosses Arbeit, und so war auch die Heilbronner Ausstellung präzise eingepaßt. Lange Bahnen auf starkem Papier, die bis zu 3,76 m lang und bis zu 2,40 m breit sind, ermöglichen es ihr, mehr oder weniger genau auf den entsprechenden Raum zu reagieren. Zu Dreier- oder Vierereinheiten gebündelt, manchmal auch durch eine etwas schmalere Bahn bewußt rhythmisiert bzw. ‘synkopiert’ ergeben sich Gemälde von wahrhaft monumentalen Ausmaßen, welche die Wand, die sie ganz einnehmen, streckenweise vergessen machen. Kalt- und Warmaspekte einer Farbe werden zu unterschwelligen Kontrastmomenten. Oben und unten wellen sich die mächtigen Papiere, als gelte es die Wendepunkte der Malerei in den Raum zu werfen. Überhaupt können die Materialien, die an praktischen Ösen aufgehängt sind, frei atmen. Die Assoziation an eine Malerei, die den Betrachter wie ein Zelt umgibt,…