ROBERT KROKOWSKI
Katastrophentheoretische Interlinearversionen
Psychoanalytikern und Mathematikern (zumindest den Künstlern unter ihnen), Künstlern und Kunstwissenschaftlern (zumindest denen der Aktale) werden in meinem folgenden kleinen Beitrag zur Frage der Linearität und Nichtlinearität in der Kunst wenig Neues finden. Wie könnten sie auch – angesichts der Tatsache, dass die Entdeckung des bisher Gefundenen eigentlich noch aussteht, und dass selbst dessen Entfaltung in den wenigen Zeilen, die mir Thomas Wulffen freundlicher Weise für meine Hinweise auf die mathematischen Katastrophentheorie zur Verfügung gestellt hat, eigentlich unmöglich ist: Es sei denn, man setzt auf das Lesen zwischen den Zeilen; oder auf die Effekte der Interlinearversion eines Textes über Linearität und Nicht-Linearität in der Kunst; oder auf die kleinen Verstehenskatastrophen und die Folgen, die sie zeitigen, wenn syntaktische oder semantische Äquivokationen die Sicht der Linearität unterlaufen (nicht weniger und nicht mehr als die der Nicht-Linearität).
Seit der französische Mathematiker René Thom Anfang der 70er Jahre seine neue mathematische Methode, die als Katastrophentheorie bekannt geworden ist, in seinem Buch Stabilité structurelle et morphognénèse (1972) vorstellte, gab es nur wenige bahnbrechende Beiträge zur Frage, wie eine graduelle Änderung von Kräften und die dabei plötzlich eintretenden überraschenden Effekte (Katastrophen) in mathematischer Weise formierbar sind. Handelt es sich hierbei um plötzliche Ausfälle des Linearen oder Einfälle des Nicht-Linearen? Zu den wichtigsten Arbeiten, die der Spur dieser Frage in die Felder der Verhaltenspsychologie, Soziologie, Wirtschaft, Biologie und Physik folgen, gehören die Beiträge von Christopher Zeeman, Catastrophy Theorie (1972-77). Unverzichtbar und Maßstäbe setzend für das Ausziehen dieser Spur in Kunst, Psychoanalyse, Linguistik, Semiologie und…