Johannes Meinhardt
Karin Sander, Antonio Catelani, Ayumi Han
Akademie Schloß Solitude, Stuttgart, 1.12. – 17.12.1995
Die Akademie Schloß Solitude stellt regelmäßig Arbeiten von Stipendiaten der Akademie aus; die Zusammenstellung der Künstler ergibt sich also aus den Zufällen der Stipendienvergabe, nicht aus irgendwelchen künstlerischen Verbindungen oder Zusammenhängen. Um so auffälliger ist es – und das hat mehr mit allgemeinen Fragestellungen von Malerei Mitte der 90er Jahre zu tun als mit einem Zufall -, daß die Arbeiten von Karin Sander und von Antonio Catelani bis zu einem gewissen Grad vergleichbare Einsatzpunkte ins Spiel bringen.
Karin Sander hat die vier Wände eines kabinettartigen Raums, unter Aussparung der zwei Fenster und der Tür, vollständig mit `rahmenlosen Wechselrahmen’ bedeckt; die Gläser, in den Größen der strengen geometrischen Progression von DIN A1 bis DIN A6 eingesetzt, halten denselben Abstand zueinander – was jedoch nie völlig aufgehen kann, was leichte Eingriffe erfordert – und erzeugen auf diese Weise eine Art von Mosaik: `Platten’ sehr unterschiedlicher Größe, aber sichtbar auseinander durch Teilung abgeleitet, und ein Muster aus senkrechten und waagerechten Zwischenräumen, in dem durchgängige Linien und kurze Trennlinien zueinander in undeutliche, momentane hierarchische Beziehungen treten. Dieses Muster wird noch akzentuiert durch die Schatten am unteren Rand der Gläser und gestört durch die flüchtig aufblitzenden Reflexionen der kleinen Metallklammern, die die Gläser auf den Trägern halten. Denn die Gläser reflektieren nicht: auf sie wurde dieselbe weiße Rauhfasertapete aufgelegt, die die Wände bedeckt. So ergibt sich eine vierschichtige, alternierende Tiefenschichtung der `Wand-arbeiten’ aus bestimmten weißen und unbestimmten dunklen Linien: zwischen der Wand und…