Jürgen Raap
Kanno Hachiro
»Permanescence«
Galerie Carsten Neumärker, Köln, 11.11. – 23.12.1994
Permanescence” lautet der Ausstellungstitel: Mit dieser Wortschöpfung aus “Permanent” und “Essenz” verweist Kanno Hachiro auf die Bedeutung wichtiger Augenblicke des Lebens für die Ewigkeit. Momentanität und Dauerhaftigkeit stehen in einem Verhältnis zueinander, dem auf anderer Ebene auch die Gegensätzlichkeit von Fülle und Leere entspricht. Mit der generellen Neigung des buddhistischen Denkens, Erkenntnisse an Paradoxien festzumachen, reflektiert der seit 1967 in Paris lebende gebürtige Japaner u.a. auch, wie Yves Klein die Leere und im Gegenzug dazu Arman die Fülle thematisiert hat.
In Hachiros Malerei und in seinen Zeichnungen bildet weiße Acrylfarbe einen Unter- oder Hintergrund als “leere” Struktur, die dann mit Tusche und farbigem Acryl überlagert wird, wobei sich bestimmte Feinheiten bzw. “Effekte” ergeben, die mit klassischer Gouache-Technik so nicht zu erzielen wären. In breit angelegten Pinselstrichen verliert sich im Verlauf die zunächst satt aufgetragene Farbe immer mehr in dünnen Borstenspuren. Ein gestischer Duktus korrespondiert mit der genauen Kalkulation, wie blau-schimmernde Rechtecke oder tiefschwarze Formen mit Abmilderungen in graue Strukturen ihren Platz innerhalb der Komposition finden: Indem der Zufall sich hier als kalkuliertes Moment erweist, mündet nicht nur das Konzept, sondern auch dessen praktische Umsetzung in ein Paradoxon.
Als Künstler, der in seinem Heimatland lange Jahre Kalligrafie studiert hatte, bringt Kanno Hachiro andere handwerklich-technische, emotionale, intellektuelle und kulturgeschichtlich bedingte Voraussetzungen mit als ein europäischer Kollege, der in einem vergleichbaren Stil arbeitet. Die Reflexion dessen, was sich auf der Prozeß- und dann auf der Produktebene abspielt, war seit Beginn der Moderne immer wieder Thema…