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Titel: Kunst und Sport · von Hans-Jürgen Hafner · S. 97 - 107
Titel: Kunst und Sport , 2004

Hans-Jürgen Hafner
K. O. – durch kulturgeschichtliche Haken1

MAINTENANT!

“Wer ist Cravan? …” Gute Frage. Henri Pierre Roché lässt sie in seinem Fragment gebliebenem Schlüsselroman ,Victor’2 stellen. Zurecht. Denn Cravan, Arthur oder vielmehr Fabian Avenarius Lloyd, geboren am 22. Mai 1887, ist vor allem ein mythenumwobener Anti-Held der Avantgarde, schwer zu fassendes Kuriosum: Dada-Vorläufer und Literatur-Hustler, vertreten in André Bretons Pantheon des ,Schwarzen Humors’. Er ruft zugleich Modernität und Primitivismus aus; arbeitet als Holzfäller, Chauffeur oder Erntehelfer. Cravans Lebensentwurf kreist um das Problem der Identität, reagiert auf und leidet unter Grenzziehungen: “Ich bin alle Dinge, alle Menschen und alle Tiere!/Was tun?/Versuchen wir es mit der freien Luft,/Vielleicht kann ich dort/Meine verhängnisvolle Pluralität loswerden.”3 Tatsächlich büßt er die beklagte “verhängnisvolle Pluralität” nur unter freiem Himmel, auf offener See ein. Seit einer Ruderboot-Fahrt quer über den Golf von Mexiko, 1920, gilt Arthur Cravan als verschollen.4

Gewalttouren und -posen – bewusst inszeniert bzw. rauschhaft verschwendet – bestimmen seine Biografie. Ein Leitfaden ist Cravans aktive Leidenschaft für’s Boxen. Diesen Trend unter Intellektuellen und Kulturschaffenden der Moderne – vertreten unter anderem von Georges Braque oder Roché selbst – lebt er jedoch mit besonderer Konsequenz.

Barcelona: Am Sonntag dem 23. April 19165 stehen sich in der Plaza de Toros Monumental zwei Schwergewichte, der 105 Kilogramm wiegende Cravans und der um fünf Kilo schwerere Jack Johnson (1878-1946) im Ring gegenüber. Der Kampf selber ist kaum der Rede wert. (Ex-)Weltmeister Johnson schickt den Herausforderer angeblich schon in der ersten Runde mit einem K. O. zu Boden. Interessant ist an dem Match jedoch…


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von Hans-Jürgen Hafner

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