K.H. Hödicke
Berlin & Mehr
KV Hamburg, 18.8. – 30.9.84
Gal. Gmyrek, D’dorf, 31.10. – 22.12.84
Nur gut einen Steinwurf von seinem Loft entfernt, ragt die nostalgische Fassade des Martin Gropius-Gemäuers aus der bizarren, desolaten Unkraut-Zone, aus dem Nirwana der Nachkriegszeit, wie ein übriggebliebener Mammutzahn heraus, wo sich K.H. Hödicke 1982 anläßlich der spektakulären ,,Zeitgeist”-Erscheinung mit seinen einstigen Schülern Middendorf und Salomé messen konnte.
Er ist noch recht agil, der Vater der Neuen Wilden aus Berlin, der eigentlich aus Nürnberg stammt, der Blechen mag und Böcklin, der Werner Heldt schätzt und die Mythologie: Der 46-jährige hat von seiner Etage in der ehemaligen Zentraldruckerei dicht an der Mauer einen guten Panoramablick auf ruinöse Vergangenheit und neonilluminierte Gegenwart: erhellende, optisch desillusionierende Einsichten in Ost-und-West-Topographie. Der Türmer über dem kaum oder monströs-optimistisch bebauten Niemandsland, über der “Wüste Gobi”, wie er den toten, leeren Bezirk, die geschichtsträchtige Todeszone nennt, verwandelt seine spontanen Eindrücke und schnell hingeschriebenen Notizen gern in malerische Metaphern, die den lokalen Anlaß möglichst weit und großzügig hinter sich lassen, in poetische Höhenflug-Gefilde abdriften.
Die Ausstellung von Arbeiten auf Papier im hanseatischen Kunstverein nennt er, lautmalerisch anspielend auf ein Bild Werner Heldts, “Berlin & Mehr”. Diese Gouachen und Acrylblätter, entstanden zwischen 1975 und 1984, sind so etwas wie ein Atelierbesuch, geben Auskunft über Arbeitsweisen und Motiv-Magazinierung: der Betrachter erhält, mit allen Vor- und Nachteilen solch einer fast privaten Einladung, Einblick in Stenogramme und tagebuchartige Eintragungen.
Hödickes Schnellschrift hat ihre Wurzeln im Tachismus. Der Maler, der auch Objekte und Filme machte, kommt aus der Schule von Fred…