Magdalena Kröner
June Newton: Mrs. Newton
Ich sehe Wahrheit und Entsprechung in den Portraits von Alice Springs. Was mich betrifft, so erkenne ich in meinen Fotografien vor allem Manipulation und Editorializing,” sagte der kürzlich verstorbene Helmut Newton über seine Frau June, a. k. a. Alice Springs. So freiwillig und spielerisch wie ihre Namenswahl nach der australischen Stadt schien auch die Arbeits- und Lebenspartnerschaft der beiden Fotografen zu sein. June Newton, die jüngst vor dem Hotel, vor dem Newton in seinem Auto an einem Herzinfarkt starb, eine betont fröhliche Abschiedsfeier gab, verfolgte zeitlebens ihre eigene Fotoprojekte, die sie jetzt in dem Tagebuch- und Fotoband “Mrs. Newton” veröffentlicht. Der auf englisch verfaßte Text, zu dem sich zahllose biografische, autobiografische und eine Fülle wechselseitig entstandener Portraits zu einem Kaleidoskop eines in produktiver Gemeinsamkeit verbrachten Lebens fügen, atmet nicht den Geist der eher als Performance oder Konzept verstandenen Künstlertagebücher wie etwa die Aufzeichnungen eines Andy Warhol, der eine blasiert-lakonische Attitüde zu seiner Weltsicht gemacht haben schien und dabei stets mehr für einen imaginierten Leser als für sich selbst schrieb. “Wahrheit” und “Authentizität” schienen “Mrs Newton” selbstverständliches Konzept – und erweist sich darin stets als Produkt einer ebenso gekonnten wie charmanten Selbst- und Fremdinszenierung.
June Newtons 1970 begonnene, fotografische Arbeit (in dem Jahr wurde sie Alice Springs) blieb zeitlebens im Schatten ihres Mannes, was dem weitverzweigten, in unterschiedliche Richtungen vorangetriebenen Werk keinen Abbruch zu tun schien, wie die gegenwärtig zur Einweihung des Newton-Archives auf der Berliner Museumsinsel gezeigte Ausstellung “us and them”, die bereits vor einer Weile…