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Ausstellungen: Berlin · von Peter Funken · S. 210 - 213
Ausstellungen: Berlin ,

Berlin
Julius von Bismarck

When Platitudes Become Form
Berlinische Galerie – Landesmuseum Berlin 26.05.–14.08.2023

von Peter Funken

Drei Monate war das Landesmuseum Berlin geschlossen. Wiedereröffnet, nun mit energieeffizienten LED- System und Farbakzenten an den Wänden, zeigt es gleich vier neue Ausstellungen – alle sehenswert. Besonders spektakulär ist Julius von Bismarcks When Platitudes Become Form, denn der Künstler (* 1983), der ein Ururur-Großneffe des berühmtberüchtigten Reichskanzlers Otto von Bismarck ist, stürzt nicht nur dessen Reiterstandbild vom Sockel, sondern entwickelt mit großem technischen Aufwand Bilder einer wunderschönen Natur, von uns Menschen im wahnhaften Anthropozän bereits massiv geschädigt oder bereits zerstört. So wie sie uns v. Bismarck vorführt, ist Natur nicht länger Begriff und Gegenstand eines durch die Romantik geprägten Ideals, sondern Teil menschengemachter Kultur in einer Zivilisation, die schon seit längerem dabei ist, die eigenen, wie die Lebensgrundlagen zahlloser anderer Wesen zu vernichten.

Dass sein berühmter Vorfahre als preußischer Machtpolitiker mit kolonialem Anspruch damit im 19. Jh. begonnen hatte, scheint ihn so sehr zu beschäftigten, dass er derzeit seine Kunst auf dessen Spuren anlegt und dem Namen Bismarck kritisch nachspürt: etwa wenn er die sogenannte Bismarck-Sea im Pazifischen Ozean zum Anlass einer zweiteiligen Arbeit nimmt, bestehend aus einem Foto und einem riesigen, mit Wellenlinien bemalten Tuch. Diese Wellenstruktur findet sich wieder auf dem mit Landschaftsgemälde betitelten Foto, das damit ein wenig den Charakter eines Stichs annimmt, ähnlich jenen, die zur deutschen Kolonialzeit von dem damals so genannten Bismarck-Archipel hergestellt wurden; wohl um die dort von Deutschen begangenen Verbrechen zu kaschieren, wurden den Daheimgebliebenen exotische Traumwelten vorgegaukelt….

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