Rainer Unruh
Julius Popp
»Selected Words«
Edith-Ruß-Haus für Medienkunst, Oldenburg, 11.3. – 15.5.2011
Man steht davor, starrt und staunt: Wasser nimmt die Gestalt von Wörtern an, die im Licht der Scheinwerfer vor schwarzem Hintergrund für Sekundenbruchteile aufblitzen, um dann zu zerfallen und als formlose Masse auf den Boden zu klatschen. Julius Popp hat für „bit.fall“ (2002-06) ein Gestell auf einer Länge von acht Metern aufgebaut, das wie eine Bühne für die Begriffe wirkt, die erscheinen und vergehen. Diese Schreibübung von Geisterhand verdankt sich einer komplizierten Steuerungstechnik. Sie sorgt dafür, dass Magnetventile genau das Quantum an Flüssigkeit freigeben, das erforderlich ist, um aus Wasser Buchstaben zu bilden.
Die Wörter folgen so rasch aufeinander, dass man sie sich kaum merken kann. Unmöglich, einen Zusammenhang zwischen ihnen zu erstellen, gar aus Begriffen wie „Gefährlich“ und „Surprising“ eine Erzählung zu konstruieren. Narrative Logik ist hier nicht gefragt. Julius Popp geht es eher um so etwas wie eine Visualisierung von Informationen und ihren Strömen. Die Wassertropfen entsprechen den Bits der Informationstechnologie. Deren erdrückende Masse, gegen die wir an unseren Computern Tag für Tag ankämpfen, lässt sich meist ebenso wenig zu einer sinnvollen Geschichte bündeln wie die Wörter aus Wasser in Julius Popps Installation.
Die Arbeit hat etwas Unheimliches an sich. Wegen der irrlichternden Buchstaben, die kommen und gehen wie Blitze in einem Sommergewitter, aber auch deshalb, weil sie unser kulturelles Selbstverständnis in einem wichtigen Aspekt erschüttert. Wir sind es gewohnt, die Schrift als ein stabiles und dauerhaftes Medium zu betrachten, das dazu dient, kulturelle Traditionen zu bewahren. Die Mönche…