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Ausstellungen: Hannover / Humlebæk · von Rainer Unruh · S. 336 - 337
Ausstellungen: Hannover / Humlebæk , 2007

Rainer Unruh
Julie Mehretu

Kunstverein Hannover, Hannover, 10.2. – 1.4.2007
Louisiana Museum for Moderne Kunst, Humlebæk, 1.6. – 26.8.2007

Ein Sturm weht vom Paradiese her, heißt es bei Walter Benjamin, und dieser Wind sei nichts anderes als das, was wir Fortschritt nennen. In den Bildern von Julie Mehretu ist daraus ein Wirbelsturm geworden, der keine Richtung kennt. Striche verdichten sich zu schwarzen Gewitterwolken, und dynamische Linien, die von oben wie Blitze herabzucken, nähern sich bedrohlich den Stadien und anderen Bauten, die den bildnerischen Kosmos der Malerin bevölkern. Der erste Eindruck, den ein Riesenformat wie das 6,40 Meter breite und 2,84 Meter hohe “The Seven Acts of Mercy” (2004) hervorruft, ist der einer überbordenden, chaotischen Fülle, in der alles durcheinander wirbelt. Erst allmählich erschließt sich dem umherschweifenden Blick im unteren Teil der Arbeit eine ovale, im Stil von Architekturzeichnungen ausgeführte Struktur, die an eine Arena oder einen Platz für öffentlichen Kundgebungen erinnert.

Das Spannungsverhältnis zwischen Dynamik und Statik ist ein Grundzug, den die 1970 in Adis Abeba geborene und heute in New York lebende Künstlerin in zahlreichen Arbeiten variiert. Dabei beweist sie vor allem in der schöpferischen Aneignung und Verwandlung des architektonischen Vokabulars der abendländischen Tradition eine Virtuosität, die in der zeitgenössischen Kunst ihresgleichen sucht. “Citadel” (2005) etwa mutet wie eine kühne Mischung aus mittelalterlicher Festung und futuristischer Weltraum-Kolonie an, mit seinen aggressiven, spitzkantigen, auf Abwehr von Eindringlingen konzipieren Mauern und seinen dichten, verwinkelten Wegen, Toren und Bögen im Inneren. Die Infrastruktur gehorcht keiner stadtplanerischen Logik, sondern einer ästhetischen. Das Wirrwarr von Linien, Rechtecken, Kreisen…


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