MARCUS LÜTKEMEYER
Julia Schrader
“Fiktive Haut”
Kunstverein Arnsberg, 12.8. – 23.9.2001
Mit einer Fläche von 1,5-2 qm und einem Gewicht von bis zu 10 kg bildet die Haut das größte Organ des menschlichen Körpers. Als eine Art Interface filtert, reguliert und fördert sie die Kommunikation mit der Außenwelt und begrenzt zugleich das Selbst räumlich. Denn aus der Hülle des Körpers können wir höchstens sprichwörtlich herausfahren.
Erst die Kleidung ermöglicht es uns, wechselnde Erscheinungsformen anzunehmen, aber auch den Blick auf das Innere zu verstellen. Bereits im 19. Jahrhundert offenbarte sich hier ein Paradoxon, das Kleidung einerseits als psychologischen Ausdruck innerer Gefühlslagen deutete und unter dem Begriff “Ethologie” eine Wissenschaft vom menschlichen Charakter als Ableitung des äußeren Erscheinungsbildes begründete. Anderseits wuchs mit Einführung der Konfektionskleidung ein öffentliches Bedürfnis, sich unauffällig und damit so geheimnisvoll, so unverletzlich wie möglich zu gestalten. Doch gerade mit wachsender Einförmigkeit der Körperbilder wurde das Äußere zunehmend als Hinweis der Persönlichkeit fokussiert. Dagegen betreibt die Gegenwart einen exzessiven Körperkult. Denn unsere im visuellen Schein verhaftete Kultur mit ihren allgegenwärtigen Bildschirmen hat nicht nur neue Wahrnehmungsformen eingeführt, sondern die Oberflächenabwicklung zur Strategie von Weltaneignung stilisiert. Potenziert durch mediale Techniken vermag der Zeitgenosse durch virtuelle Identitäten zu zappen und Körper als Avatare im Gigaherztakt zu wechseln. Dennoch erscheint es nach wie vor unmöglich, der eigenen Verkörperung zu entkommen.
Dass zur Welt- (und Selbst-)Betrachtung auch stets ein Körper eingenommen werden muss, verbildlicht Julia Schrader derzeit im Arnsberger Kunstverein auf sehr sinnliche und intime Weise. Dabei geht es der jungen Künstlerin vornehmlich um die Problematik von…