“JUGOSLAVIA” (SERBIEN UND MONTENEGRO): Über das (Aus-)Blenden nationaler Narrative und das Kurzschließen der Kunstgeschichte
Anlässlich der 50. Biennale di Venezia ist der Pavillon “Jugoslavia” (Serbien und Montenegro) in den Giardini zum Schauplatz gleich zweier umfassender Dekonstruktionen geworden: Die Belgrader Medienkünstlerin Milica Tomic (*1960) lässt durch ihre Lichtinstallation den Nationalen Pavillon – so der Titel der Arbeit – in regelmäßigen Abständen im gleißenden Licht von 400 über die Fassade des Gebäudes verteilten Blitzlichtern verschwinden. Die Einwirkung dieses Blitzes soll – so das Konzept der Künstlerin – zum zeitweiligen Erblinden des Auges des Betrachters, d.h. zu einer temporären Beschädigung seines/ihres Sichtfeldes führen. Ziel dieser fast gewalttätigen (“terroRealistischen”1) und teilweise auch schmerzhaften optischen Intervention ist es, den Pavillon eines nicht mehr existierenden Staates zu dematerialisieren und zum Verschwinden zu bringen. Die expansive Qualität und die physische Gewalt des Lichtes entsprechen dabei der Gewalt, die die Künstlerin dem Konzept des Nationalen bzw. nationaler Identität unterstellt. Während jedoch in Tomics früherer Videoarbeit I am Milica Tomic (1998-99) alle Äußerungen des Individuums (die Künstlerin wiederholt den Satz “I am Milica Tomic” in verschiedenen Sprachen) durch sich auf dem Körper der Künstlerin einschreibende blutige Wunden geahndet wurden, wendet Tomic im Nationalen Pavillon die Gewalt, die im nationalen Diskurs verkörpert sieht, gegen die materielle Form dieses Diskurses selbst – gegen die Architektur des Nationalen Pavillons.
Eine Dekonstruktion vollkommen anderer Art – nämlich des dominanten westlichen kunsthistorischen Narrativs – verfolgt das zweite im Rahmen des jugoslawischen Pavillons ausgestellte Projekt. Die den gesamten Raum des Pavillons einnehmende und auf das Jahr 2013…