Justin Hoffmann
Joseph Zehrer
»Sekunde«
Galerie Bleich-Rossi, Graz, 13.10. – 6.11.1990
Die Grazer Ausstellung bildete das Pendant zu Joseph Zehrers Präsentation in Köln, die kurz zuvor in der Galerie Christian Nagel stattfand. Beide zeigten nahezu dieselben Werke, trugen denselben Titel “Sekunde” und waren doch in ihrem Aufbau gänzlich unterschiedlich. Das Thema der Kölner Ausstellung bildete eine Schwarzweiß-Sekunde, das der Grazer eine Farbsekunde. Wie eng beide Präsentationen aufeinander bezogen waren, demonstrierte in Köln ein Diaschaukasten, der die Werke der Grazer Installation zeigte. Der Besucher der Kölner Galerie Nagel konnte also bereits jene Arbeiten von Joseph Zehrer sehen, die über 1000 Kilometer hinweg in naher Zukunft in der Galerie Bleich-Rossi zu besichtigen sein würden. Das “Fern-Sehen” bildete auch den thematischen Kontext von Joseph Zehrers Ausstellung in Graz.
Eine Fernsehsekunde besteht aus 25 Bildern. Joseph Zehrer nahm mit einer Fotokamera 25 Portraits von Personen auf, die gerade im Begriff sind, etwas zu sagen. Auf seinen Fotografien wird der Sprechende, der nicht spricht, fixiert und abgelichtet. Für die Ausstellung der farbigen Sekunde ließ der Künstler von den 25 Aufnahmen Abzüge in den Grundfarben des Farbfernsehens – Rot, Grün und Blau – herstellen. Diese monochromen Fotos wurden anschließend auf Folien kopiert und – in regelmäßigen Abständen verteilt – in drei durchsichtige Bänder geschweißt. Zwei dieser Bänder mit je 25 fotografierten Köpfen wurden freistehend und zirkular auf dem Boden angeordnet. Die Blickrichtung der abgebildeten Personen unterstützt die geschlossene Form des Kreises. Unweigerlich geht der Rezipient um diese Arbeiten herum, die er sowohl von der Innenseite als auch spiegelverkehrt von…