Rainer Wink
Joseph Fassbender
Kunstverein, 11.12.1988 -15.1.1989
Kunstvereine haben im Spektrum der Kunstvermittlung ihre eigene Geschichte und damit zusammenhängend ihren spezifischen gesellschaftlichen Auftrag. Von ihrer Genese her sind sie Ausdruck der kulturellen Emanzipation des Bürgertums im 19. Jh., Ausweis seines erstarkenden Selbstbewußtseins in der Zeit des Vormärz. Wulf Herzogenrath, noch bis Jahresmitte Direktor des traditionsreichen Kölnischen Kunstvereins, bevor er als Hauptkustos an die Nationalgalerie in Berlin wechseln wird, hat die Kunst vereine im 19. Jahrhundert sehr treffend “als Platz für bürgerliche Selbstdarstellung und Repräsentation und als Beispiel demokratischer Strukturen”, “als Bildungsvermittler für Bürger und Künstler” und als “Stätten der Information über die Kunst der Gegenwart im lokalen und internationalen Rahmen” gekennzeichnet.
Daß diese Charakterisierung nicht nur von historischer Relevanz ist, sondern zumindest teilweise auch für die aktuelle Arbeit von Kunstvereinen Gültigkeit zu haben scheint, läßt sich aus Herzogenraths eigener, mehr als fünfzehnjähriger Tätigkeit als Leiter des Kölnischen Kunstvereins unschwer ablesen. Herzogenraths Konzept stand von Anfang auf drei Säulen: l. Präsentation internationaler Avantgardekunst, 2. Darstellung der aktuellen Kölner Kunstszene und 3. Aufarbeitung des Kölner Beitrags zur Moderne im ersten Drittel unseres Jahrhunderts und in der unmittelbaren Nachkriegszeit.
Eine der letzten Ausstellungen Herzogenraths vor seinem Ausscheiden aus dem Kunstverein und vor den umfangreichen Aktivitäten zum 150. Geburtstag dieses Traditionsinstitutes war dem Kölner Maler Joseph Fassbender (1903-1974) gewidmet, einem Maler, der seine ersten Erfolge zwar schon in den Zwanziger Jahren hatte feiern können, der aber erst im Kunstgeschehen der jungen Bundesrepublik seinen festen Platz fand. In einer Zeit, in der die kunstwissenschaftliche Exploration der Zwischenkriegszeit allmählich an…