Dirk Schwarze
Joseph Beuys.
documenta-Arbeit
»Vom Tod ins Leben und zurück«
Museum Fridericianum, Kassel, 5.9. – 14.11.1993
Kann die Kasseler documenta als ein Modellfall für die Enfaltung eines Kunstbegriffs und eines Werks genommen werden? Die Frage klingt anmaßend, weil man um die Willkür und den Zufall der Auswahl von documenta-Künstlern und -Arbeiten weiß. Doch im Fall Beuys führt die Fragestellung zum Kern. Es ist so, retrospektiv betrachtet, als hätte Joseph Beuys die Kasseler Kunstschau zwischen 1964 und 1982 zielgerichtet dazu benutzt, die Stationen seiner Entwicklung zu dokumentieren.
Johannes Stüttgen, der Beuys über viele Jahre hinweg als enger Mitarbeiter begleitet hat, bemerkt in seiner aus der Innensicht geschriebenen Einführung im Katalogbuch (Joseph Beuys. documenta-Arbeit. Edition Cantz, Stuttgart): “… wenn man den Begriff der Plastik von Beuys selbst nimmt und sich klarmacht, daß seine ganze documenta-Geschichte nichts anderes war als die Herausbildung und die Entfaltung dieses Begriffs.” Unter dieser zutreffenden Voraussetzung war die von Veit Loers und Pia Witzmann im Kasseler Museum Fridericianum eingerichtete Ausstellung mehr als nur eine Hommage an den Ort oder als der Versuch, eine documenta-Legende in die Welt zu setzen. Die Rückschau auf die fünf aktiven documenta-Beiträge beweist, daß hier ein Künstler das ideale Forum für seine Kunst fand und daß dieses Forum in den 70er und 80er Jahren wesentliche Impulse von dem Werk dieses Künstlers empfing.
Man denke nur an die documenta 7 (1982), bei der Rudi Fuchs zum Rückzug ins Museum geblasen hatte. Dieses wäre eine weitgehend auf die Malerei konzentrierte Ausstellung geworden, hätte Beuys nicht auf die Gegenbewegung gesetzt: Er…