Josef Kern
geb. 1953 in Schiefer/Smk., lebt in Wien
Wolfgang Drechsler: Viele Leute – könnte ich mir vorstellen – sehen bei Deinen Arbeiten eine gewisse Affinität zum Fotorealismus.
Kern: Da sehe ich überhaupt keine Affinität. Ich lehne den Fotorealismus total ab, weil er mir das Vergnügen, das Erringen eines Gegenstandes, einer Situation oder von Menschen vorwegnimmt. Das ist so wie Rationalisieren. Der konzeptionelle Ansatz ist mir fremd. Ich mag nicht diese »coolness« oder diese Faulheit und Risikolosigkeit, die ich im Fotorealismus sehe. Für mich sind meine Arbeiten eine tägliche Bestätigung, daß es meine Welt gibt, daß es eine Welt gibt, die ich liebe und die ich für wert finde, daß sie beachtet wird. – Nur daß dieser Umgang mit dieser Welt nicht so spektakulär ist wie im Film oder wie in der Zeitung oder wie in der Fotografie.
Für mich ist ein Bild dann eine Befriedigung, wenn es eben durchdacht, durchlitten und mit Lust erfüllt ist – oder auch mit Leid.
In der Zeit, in der ich ein Bild male, bin ich voll auf das Bild konzentriert. Und wenn das eine Woche dauert, wenn es einen Monat dauert. Jedenfalls wird das, was dabei herauskommt, mit einer Fotografie einfach nicht vergleichbar sein können – für mich zumindest. Ich erfinde nichts, aber ich besetze die Dinge, die ich male, mit meinen Gedanken, mit meinen Lieblingsvorstellungen oder mit Liebe. – Einer Liebe zu den Dingen, die dann weitergeht, vielleicht in eine Liebe zu mehr Dingen und zu mehr Menschen. Wenn man einen Menschen liebevoll darstellen kann, dann kann…