Dieter Buchhart
Josef Dabernig
»Ordnungssysteme«
Galerie im Taxispalais, Innsbruck, 16.9. – 5.11.2006
Das Spiel ist in vollem Gang: der “Masseur zündet sich eine Zigarette an, etwas verzögert unvermitteltes Aufstehen des Trainers von der Bank, er macht zwei Schritte vor, höchste Konzentration, dreht sich um, geht zurück und folgt dem Spiel nun stehend. Masseur bleibt unterdessen ganz ruhig und konzentriert (an der Aktion des Trainers unbeteiligt), rauchend – 30 sec – Schnitt – Stativkamera von rechts vor der Bank zoomt von nah Trainer wieder zurück auf Trainerbankformat, Trainer setzt sich wieder, beide lehnen sich zurück und verschränken die Arme, Schlusspfiff, Pfiffe im Stadion” und so weiter. Was wie die Analyse einer Fernsehaufzeichnung eines Fußballspiels klingen mag, ist ein Ausschnitt aus dem Drehkonzept zu Josef Dabernigs Kurzfilm “Wisla” von 1996.
Der Schwarz-Weiß-Film zeigt Dabernig selbst und Martin Kaltner, die als Trainer und Co-Trainer einer Fußballmannschaft dem fiktiven Ablauf eines “wichtigen” Spiels folgen. Ihre Gesten scheinen signifikant und zugleich deplatziert zu sein vor der gähnenden Leere des Wisla-Stadions in Krakau, einer verkommenen, abgenützten totalitären Repräsentationsarchitektur. Die sparsamen Gesten der Darsteller sind mit der Originaltonaufnahme eines italienischen Meisterschaftsspiels und dessen aggressivem Massengegröle nicht im Einklang, sondern scheinen einem weiteren unsichtbaren Spiel zu folgen. Der eklatante Widerspruch von Bild und Ton schafft ein tristes Abbild von Apathie und Einsamkeit und vermag eine weitere Ebene, jene des Vergangenen und der Erinnerung, zu öffnen. Das große Spiel, die Blüte des Lebens und des Ortes scheinen längst vergangen und der Ton der Erinnerung asynchron zu der Gestik der Akteure. Die Wahl…