Jürgen Kisters
Jörg Immendorff
Galerie Werner, Köln, 17.3. – 5.5.2001
Es gab eine Zeit, da hatte der Maler Jörg Immendorff klar umrissene (künstlerische) Themen: Klassengesellschaft, kapitalistische Systemkritik, die deutsche Teilung, die Rolle des Künstlers in der Gesellschaft. Entgegen der modischen künstlerischen Trends zum Abstrakten erzählten seine Bilder in vielfältigen Assoziationsbezügen figürliche Geschichten: kraftvolle Farben und zugespitzte Motive in enger Umschlungenheit, immer auf inhaltliche Zusammenhänge zielend und das Denken herausfordernd. Entsprechend der allgemeinen gesellschaftlichen Tendenz sind jedoch auch Immendorff die Themen abhanden gekommen. In seinen neuen Bildern, die in der Galerie Werner erstmals präsentiert wurden, sind seine Figuren zwar einfach und konzentriert wie gewohnt, doch losgelöst von allen konkreten Bezügen schweben sie als verlorene Elemente ohne Zusammenhang in einem leeren Raum, in dem es weder Vergangenheit noch Zukunft noch Gegenwart gibt.
Hatte Immendorff bislang stets die aktuell bestehende Gesellschaftsordnung und ihre Geschichte im Blick, scheint in seinen neuen Arbeiten das Ende der Geschichte erreicht, die allenfalls in voneinander isolierten Bruchstücken über die Leinwand geistert. Wie in seltsamen Träumen verschiedene, scheinbar sinnlose Bruchstücke zusammen kommen tauchen der Turm zu Babel (in kurios-bedrohlicher Schieflage), ein versehrter Baum aus der Endzeit der Welt und ein rosa-amorphes Gebilde in einem Bild auf. In einer anderen Szenerie stürzen eine rote Seidenraupe und schwarze Löcher mit kunsthistorischen Einlagen unvermittelt in ein pflanzliches Rautenwerk aus weißen Schattenspielern. Ebenfalls im Zeichen der Raupe (als Symbol der Verwandlung, der Hoffnung) vollzieht sich der Balanceakt einer riesigen nackten Frau, die anstelle körperlicher Bodenhaftung auf Bällen steht, an die ihre Füße gebunden sind.
Hilflos wirkt auch…