Lübeck
Jonathan Meese
„Dr. Zuhause: K. U. N. S. T. (Erzliebe)“
St. Petri zu Lübeck, Günter Grass-Haus, Kunsthalle St. Annen, Overbeck-Gesellschaft, Kulturwerft Gollan 17.02. – 04.08.2019
von Rosa Windt
„Heimat“ und „Familie“, Begriffen denen zunächst eine Form von Intimität, Vertrauen und Geborgenheit anhaften, werden gegenwärtig weit über Deutschland und Europa hinaus zum Bestandteil nationalistischer Ideologien. Nicht nur im Kreise einer sogenannten „Neuen Rechten“ zählt dabei die Vorstellung einer durch Eliten in kriegerischer Absicht gesteuerten „Volksvermischung“ zu einer der populärsten Verschwörungstheorien. Als kalkulierte Antwort solch irrationaler Ängste wurden etwa in Österreich seit dem 01. März 2019 per Gesetzesbeschluss Aufnahmezentren für Asylsuchende in Ausreisezentren umbenannt und eine aggressive, populistische und fremdenfeindliche Sprache zum politischen Konsens erklärt. Die Ausstellung „Dr. Zuhause: K. U. N. S. T. (Erzliebe)“ untergräbt in dieser Hinsicht eine ideologische Deutungshoheit und proklamiert mit den Mitteln der Kunst die Umdeutung von Zeichen und Geschichte. Jonathan Meeses Vorgehen folgt dabei sowohl sprachlich als auch bildnerisch einer konsequenten Rhetorik, innerhalb derer allein der Kunst als Gesellschafts- und Weltordnung Bedeutung zuteilwerden kann. Im Sinne der Kunstfreiheit und korrelierenden Negation von Ideologie, Religion und Politik ist es Meese auf diese Weise etwa gelungen, den „Hitler-Gruß“ per rechtskräftigem Urteil in den „Meese-Gruß“ umzuwandeln und fortan in einem Kunstkontext zu verwenden. Dem Künstler geht es in der Auseinandersetzung mit einem ideologisch geprägten Repertoire folglich nicht darum einen Skandal zu provozieren und gesellschaftliche Grenzen auszuloten, vielmehr soll verdeutlicht werden, dass Sprache, Gesten und Zeichen, ebenso wie Architektur, Farben usw. vereinnahmt werden können, als Sache jedoch immer neutral bleiben.
In unmittelbarer räumlicher…