John M. Armleder
Look at what you want to see.
Ein Gespräch mit Fabian Stech
Moi, je ne regarde pas. John M. Armleder
Am 02.03.2015 treffe ich John Armleder in der Avenue de Luserna in Genf. Es herrscht ein unendliches Chaos in seiner Bibliothek und als ich ihm entgeistert gestehe, dass ich bei noch keinem Künstler ein solches Durcheinander gesehen habe und ihn frage, ob er denn seine Bücher in der Bibliothek überhaupt wiederfände, antwortet er mir lachend das Chaos verdanke sich auch seiner längeren Krankheit. Vorher habe er aber immer alles sofort wiedergefunden. Seine Kurse an der Kunsthochschule Braunschweig hielt der 1948 geborene John M. Armleder auf Deutsch, auch wenn er gesteht, dass er bis heute nicht wisse, wie er das gemacht habe, denn mütterlicherseits sei er englischsprachig. Aufgewachsen im Hotel seiner Eltern, dem Hotel Richemond in Genf, dreht sich das Gespräch um Kindheit, Krankheit und Tod sowie (Fehl-) Einordnungen seiner Kunst vom Neo-Geo bis zum Zitatkünstler.
Fabian Stech: Als Kind gab es zwei wichtige Kunsterfahrungen für Sie.
John M. Armleder: In Florenz, wo ich mit meiner Mutter im Alter von vier Jahren Fra Angelicos Verkündigung (1432-1433) im Kloster San Marco gesehen habe.
Sie beschreiben, wie der polychrome Engelsflügel hinter den Tränen verschwamm, und die zweite Erscheinung …
…war in New York 1956 das Weiße Quadrat auf weißem Grund von Kasimir Malewitsch.
Hat Ihre Mutter Sie wirklich immer völlig frei im Museum herumgehen lassen? Warum ist diese Freiheit wichtig? Ist der Versuch, Kunst gezielt zu vermitteln, nicht interessanter?
Meine Mutter hatte eine sehr liberale Auffassung. Sie…