Johannes Meinhardt
John Hilliard: Vanitas
Württembergischer Kunstverein, 6.6. – 22.7.1990
Als Andy Warhol 1962 Illustriertenphotos, die entweder Unfälle, Selbstmorde, `Desaster’ jeder Art oder Portraits von `Stars’, von durch die Medien gegangenenen Individuen zeigten, auf großen Siebdrucken in vielfacher, nie völlig identischer Wiederholung zu reproduzieren begann, hat er mit seinen unsauberen und technisch leicht zu manipulierenden Vervielfältigungen von Medienbildern die bislang zwingendste Darstellung dafür gefunden, welche subjektiven, psychischen und logischen Implikationen der Umgang mit Photographie, aber auch mit medialen Bildern überhaupt mit sich bringt. Er hatte das mehrdeutige Verhältnis von abgebildetem Gegenstand zu seiner Abbildung durch die endlose Repetition des Sujets und durch die Sichtbarkeit der technischen Eingriffe so weit selbst in das Blickfeld gerückt, daß die unsichtbaren Beziehungen und zugleich der wesentliche Bruch zwischen Gegenstand und Bild sich zeigten.
John Hilliard (geboren 1945) setzt als Sujets seiner gedruckten Photos und Cibachromes keine Desaster ein; seine Sujets sind überwiegend einfach, relativ nahe an der Modephotographie, deren technische Glätte er auch teilt. Doch unterläuft er die einfache und intentionale Präsentation seiner Tänzerinnen, Standbilder, posierender Modelle dadurch, daß er deren Repräsentation in sich selbst verdoppelt und als Präsentation darstellt. Mit der Hilfe von Spiegelungen, Drehungen, Reihungen und Klappungen schafft er Verdoppelungen und Verdoppelungen von Verdoppelungen, die auf ganz einfache Weise den direkten Repräsentationsbezug zerstören: denn zu sichtbar wird durch dieses Verfahren, daß das photographische Bild sich zuallererst auf sich selbst bezieht, sich selbst repräsentiert und präsentiert. Die autonome Realität der farbigen oder schwarz-weißen Fläche, die in einem logisch zweiten Schritt als Bild gesehen wird, zeigt sich…