Michael Nungesser
John Heartfield
»Retrospektive zum 100. Geburtstag«
Akademie der Künste, Berlin, 16.5. – 11.7.1991
Rheinisches Landesmuseum, Bonn, 6.9. – 3.11.1991
Sagen Sie, wissen Sie vielleicht, was aus John Heartfield geworden ist?” Solches fragte Stefan Heym 1954 in einem Artikel der “Berliner Zeitung” und füge hinzu: “Ist es doch beinahe, als wäre einer der größten und originellsten Künstler unserer Zeit spurlos verschwunden – spurlos verschwunden bei uns, in der DDR!” Nun, inzwischen ist die DDR verschwunden, John Heartfield, dessen Werk damals in der Formalimus-Debatte auf der Anklagebank saß und erst einige Jahre später kunsthistorisch rehabilitiert und eingesargt wurde, soll nun auf Betreiben der Akademie der Künste zu Berlin, die seinen Nachlaß verwaltet, endgültig zum großen Star am gesamtdeutschen Kunsthimmel erhoben werden. Dazu paßt der Plakat und Katalogumschlag der im Alten Museum stattfindenden Ausstellung zierende, in Tempera gemalte gefiederte Flügel in tiefblauem Nachthimmel (Buchumschlagentwurf, London 1947), der die romantische Seite des Meisters der Fotomontage anschlagen soll.
Als Helmut Herzfelde 1891 in Schmargendorf bei Berlin geboren (aus Protest gegen den Englandhaß der deutschen Imperialisten im Ersten Weltkrieg anglisierte er später seinen Namen), wuchs Heartfield mit seinen Geschwistern bei Pflegeeltern in Österreich auf, arbeitete als Werbegrafiker und kurzzeitig auch beim Film. Aus der typografischen Montage der Dada-Zeit, während der er eng mit George Grosz verbunden war, entwickelte Heartfield die politische Fotomontage, die ihn in den zwanziger Jahren international bekannt machte. Seit ihrem Bestehen gehörte er der Kommunistischen Partei an und arbeitete hauptsächlich für ihre Presseorgane. 1933 flüchtete er vor den Nazis nach Prag, Ende 1938 ging er…