Michael Stoeber
John Gossage
»The Thirty-Two Inch Ruler / Map of Babylon«
Sprengel Museum Hannover, 22.2. – 17.6.2012
Es heißt, der amerikanische Fotokünstler John Gossage sei von Grenzen fasziniert. Vielleicht, weil sie ihn wie viele Menschen herausfordern. Wir alle wollen wissen, wieweit wir gehen können im Leben. Und für einen Künstler scheint das Überschreiten von Grenzen geradezu eine Berufsbeschreibung zu sein. In „The Pond“ (1985), eine schwarzweiße Fotoserie, die den 1946 in New York geborenen Künstler bekannt gemacht hat und die unlängst bei der großen Fotografieausstellung „Photography Calling“ im Sprengel Museum wieder zu sehen war, tauchen Grenzen in eher vermittelter und metaphorischer Gestalt auf. Der Teich, den der Fotoprofessor Gossage auf einer der vielen Fahrten von seinem Heimatort Washington zu seinem College in Maryland entdeckt, verliert in den Bildern, die er von ihm macht, schnell die arkadische Anmutung, die er im ersten Augenblick noch für ihn hat. Der Weg zum Wasser wird zunehmend von wildem Gestrüpp versperrt. Zivilisationsmüll, Unrat und alte Reifen im Wasser, ruinieren den Eindruck einer reinen, unberührten Natur. Die herbei gesehnte Einheit des Menschen mit ihr, Teil des amerikanischen Traums, funktioniert nicht mehr. Die Aufnahmen der kontaminierten Natur werden zum Sinnbild für eine kaputte Gesellschaft.
Die Bildserie und das sie versammelnde Künstlerbuch sind hervorragend gemacht in ihrer Verbindung von Diskretion und Präzision. Wie kaum ein anderer Fotograf in unserer Zeit versteht es John Gossage, genau hinzuschauen und im scheinbar beiläufigen Bild soziale Pathologien aufscheinen zu lassen. Um eine konkrete Grenze, die zwischen Mexiko und den USA, geht es in seiner…