Annelie Pohlen
Johannes Spehr
Thomas Rehbein Galerie, Köln, 12.3. – 9.4.2011
Wer erfindet solche Gruselszenen? Da treiben sich Herrschaften herum, deren Anwesenheit in den Büros zur globalen Kapitalvermehrung hinter mächtigen Glitzerfassaden plausibler erscheinen dürfte als in einem derart grotesken Ringelpietz? Die Krawattentypen werden in “Rudel”, 2009, von drei Müttern mit Kinderwagen in die Flucht geschlagen, wozu die erstarrte Statistenriege hinter ihnen wohl weder fähig noch willens ist. Wenn’s schlimmer kommt, dann übernimmt eine Bande von Kindern beiderlei Geschlechts und jedweder Alterszugehörigkeit wider alle Alltagslogik die Regie in diesem Gesellschaftsstatistentheater. Es könnte ja durchaus passieren, dass die ständig beschworene nächste Generation, auf deren Kosten je nach Standpunkt mal die Finanzspekulanten, mal die Obdachlosen leben, einfach Fakten schafft und gegebenenfalls zu den Waffen greift. Gut, jeder weiß, kleine Jungs spielen nun mal gerne mit Waffen, Mädchen – sagt man – eher nicht. Schon gar nicht mit derartigen Kalibern.
Solch skurrile Szenarien könnte man getrost in die alleräußerste Ecke des absurden Theaters abschieben. Doch wer verzichtet schon gerne auf den heute seltenen Genuss derart ausgefeilter Zeichnungen, wenn sie mal nicht von Kinder- oder Erwachsenenkreativgruppen angeboten werden, sondern von einem Künstler, der sein Metier versteht. Weswegen es Johannes Spehr (*1965) umso nachhaltiger gelingt, in eine wahrlich kafkaesk zugespitzte Aufführung zu katapultieren. Wie sehr auch immer der Kunstliebhaber sich an Spehrs Einsatz des Meisterlichen festzuhalten versucht, er wird zum Opfer eines Missverständnisses.
Dies umso mehr, als ihn schließlich dessen nicht minder ausgefeilte Praxis der räumlichen Installation in eine wahre Krise stürzen wird. Was treibt einen Künstler in die…