Jürgen Raap
Joel Meyerowitz – Early Work
Galerie Thomas Zander, 27.11.2004 – 19.2.2005
Wenn es keine Fotografien gäbe, dann gäbe es auch keine Geschichte, an die sich spätere Generationen erinnern könnten. Mit diesem Argument erreichte Joel Meyerowitz, dass er nach dem Attentat vom 11. September 2001 als einziger Fotograf hinter die Absperrungen am „Ground Zero“ durfte, um die Lösch- und Aufräumarbeiten inmitten der Ruinen in mehr als 4000 Bildern festzuhalten. Anschließend zog er sich in die Toskana zurück, wo 2002 eine Werkreihe poetischer Landschaftsaufnahmen entstand. Wer diese eher lyrisch-atmosphärischen Bilder sieht, der glaubt kaum, dass die bildnerischen Wurzeln von Meyerowitz in der dokumentarischen „Street Photography“ liegen.
Joel Meyerowitz begann 1962 zu fotografieren, und Thomas Zander hat für die Ausstellung in seiner Kölner Galerie Beispiele aus dem Frühwerk der sechziger und siebziger Jahre ausgewählt. Die Fotos dokumentieren eine Zeit, in der die amerikanischen Autos noch breit und protzig gebaut waren und in der die New Yorker Börsianer sich die Bartkoteletten lang wachsen ließen. Sie trugen Anzüge mit breiten Revers und dicklappige Krawatten, und nach Feierabend tranken sie wahrscheinlich in den Bars von Manhattan ihren Martini gerührt und nicht geschüttelt.
Die Ausstellung zeigt überwiegend Straßen-Szenen, eben jenes Genre, das Meyerowitz berühmt werden ließ. Ein Überlandbus, der vor einer gotischen Kathedrale hält. Ein Brautpaar im Park. Ein glitzerndes Kinofoyer. Elegante, wohl frisierte Mittelstandsdamen auf Shopping-Tour und hastige Angestellte mit wehendem Trenchcoat. Es sind meistens nur kleine Gesten und unscheinbare Posen, die das Lebensgefühl der Abgebildeten kommunizieren. Die Fotos nicht pathetisch, denn es geht nicht immer nur um…