Joe Gantz
Sie unterwerfen sich freiwillig den abenteuerlichsten Foltern durch monströse Foltermaschinen, die sie noch selbst in Gang halten: die properen nackten Mädchen in Joe Gantz’ Farbfotografien. Doch der Fotograf schildert nicht, wie wir auf den ersten Blick vermuten könnten, die freiwillige Schinderei im Muskelstudio. Vielmehr entstammt, was wir als Darstellung eines bestimmten Aspektes unserer Wirklichkeit ohne weiteres akzeptieren würden, vollständig der Fantasie des Fotografen. Die Wirklichkeit, die er vor unseren Augen entfaltet, ist fiktiv; sie existiert in der aufgezeichneten Form nicht. Sie könnte andererseits existieren, denn sie ähnelt unseren Erfahrungen von Wirklichkeit. Vor der Kamera vollführen menschliche Akteure ein absurdes Spiel. Es ist sicher nicht absurder als das der Mode; zumal, was es zu demonstrieren scheint, ohnehin einer modischen Laune entspricht. Der pfiffige Joe Gantz zeichnet einen Vorgang strikt im Geiste strenger Dokumentarfotografie auf, der ohne sein Zutun überhaupt nicht stattgefunden hätte. Wir werden Zeugen eines Pseudo-Ereignisses. Bliebe lediglich zu fragen, ob Gantz’ entlarvende Erfindung einer fiktiven Welt, die er mit den Zügen unserer Erfahrungswirklichkeit ausstattet, wirklich fiktiver sind als die Vorfälle, die nur durch die Massenmedien zu Ereignissen aufgeblasen werden. Immerhin: Die Ähnlichkeit zwischen Sein und Schein ist frappierend.