Jürgen Raap
Joachim F. Kettel
Pneuma Galerie Mela Weber, 2.9.-26.10.1988
“Pneuma – das ist der aus der Höhle blasende göttliche Atem, der den Elementen Leben einhaucht und gleichzeitig auch eine zerstörerische Wirkung haben kann”, bemerkt Joachim F. Kettel zum Titel seiner jüngsten Ausstellung: Terrakotta-Skulpturen, Zeichnungen und Ölbilder, die allesamt in solch pneumatischer Ambivalenz stehen und sich mit einer offenen Sprachform einer eindeutigen Definition symbolischer Inhalte verweigern. Mühlräder mit gelb-geriffelter Reibfläche (“Wasserräder”, 1988), Bäume mit kahlen, abgeschnittenen hohlröhrigen Ästen (“Erinnerungsbild”, 1988), immer wieder tunnelartige Öffnungen. Ein architektonisch wirkender massiver “Torfsockel” (1987), ein “Planet” (1988) mit Kraterlöchern und schattigen Tannen. Ikonen und Indizien mit epitaphhaftem Charakter, die keineswegs zum Entwurf einer Ideallandschaft beitragen oder gar naturalistische Abbilder metaphorisch überhöhen, sondern die allenfalls als bildnerisch materialisierte psychische Gegebenheiten zu verstehen sind – Rückerinnerungen an gegenständliche und landschaftliche Formationen, wie es sie geben könnte. Kettel verbindet expressive mit phantastischen Anklängen, durchweg in einer matt angelegten, verhaltenen Farbigkeit, wobei das gleiche Motiv auf Papier und auf der Leinwand malerisch variiert wird:
Zuerst entstehen die kleineren Formate, bei denen zunächst Rohpapiermasse (Zellulose) auf Papier aufgetragen und nach dem Trocknen mit Ölkreide übermalt wird. Die poröse, erdig-schrundige Oberfläche erlaubt eine ganz bestimmte Brechung der Farben und die Kombination zeichnerischer und malerischer Technik. Auf den Leinwänden erfolgt der Farbauftrag als üppig verstrichene Spachtelmasse, ein violett schimmernder “Monolith” (1988) mit baumbewachsener Oberseite oder ein “Brunnen” (1988) aus ineinandergeschachtelten Topfröhren wirkt somit haptisch-plastisch.
So entstehen metaphysisch anmutende anthropomorphe Landschaftsbilder, die den Menschen ausklammern und seine Eingriffe in die Natur (z. B. Absägen) nur andeuten….