Renate Puvogel
Joachim Bandau
»Klagelied«
Museum Ludwig, Köln, März – Mai 1996
Jüdisches Museum, Berlin, 17.10. – 31.12.1996
Das Oeuvre von Joachim Bandau hat sich über Jahrzehnte mit einer selten zu beobachtenden Stringenz entwickelt. Daß der Künstler sein reduziertes Formenvokabular immer noch zu erweitern und zu intensivieren vermag, setzt einen beachtlichen Reichtum an plastischen Vorstellungen voraus. Die Kontinuität der Arbeit überzeugt vor allem, weil sämtliche abstrakten Formfindungen letztlich von einem verläßlichen Verantwortungsbewußtsein und einer moralischen Haltung getragen werden: Bandau fühlt sich gedrängt, der Wunden und traumatischen Erschütterungen, die geschichtliche Geschehnisse und gesellschaftliche Entwicklungen in ihm hinterlassen haben, durch künstlerische Konkretion in beredten Metaphern Herr zu werden.
In den 70er Jahren hat Bandau den Gefahren einer übertechnisierten Welt in technoiden Monstren plastischen Ausdruck verliehen, in den 80er Jahren dann hat er in Bunkerbauten nicht nur Kindheitserlebnisse aufzuarbeiten versucht, vielmehr spiegeln die kompakten, hermetischen Bleiskulpturen die Anonymität unserer Gegenwartsarchitektur und sind Sinnbilder für zunehmende seelische Vereinsamung. Stets hat sich die Arbeit in formal und inhaltlich zusammengehörigen Skulpturen-Gruppen dargestellt. Da gibt es die schrägen Rampen, ineinandergreifenden Blöcke, die bodennahen Unterführungen und Gänge, die architektonischen Wandskulpturen, das kleine und große “Bleimeer”.
Das Bleimeer, diese flache Boden-Arbeit aus unzähligen aufgebrochenen Schollen, gab einen Anstoß dazu, sie mit drei weiteren Skulpturengruppen in einen thematischen Kontext einzubinden. Als “Bleifeld” bildet es nun zusammen mit “Wagen”, “Archiv” und “Gehäuse” das Skulpturen-Ensemble “Klagelied”, eine vierteilige plastische Elegie in Anlehnung an die fünf poetischen Elegien, mit denen der Prophet Jeremias den Untergang des judäischen Volkes und der Stadt Jerusalem beklagt. Wenn dort etwa geschrieben steht:…